Verdoppelte Kapazitäten

Vollvernetztes Servicecenter mit leistungsfähigem Materialfluss und WMS

In Gera betreibt Stahlo ein herstellerunabhängiges Stahlservicecenter der Superlative: 400.000 Tonnen Feinblech können pro Jahr in vier Fertigungslinien nach höchsten Qualitätsmaßstäben kundenspezifisch zugeschnitten werden. Den Materialfluss im Coillager übernehmen zwei voll automatisierte Demag-Prozesskrane, weitere zehn Demag-Krane sind in den fünf Hallen installiert, wo das Spalten und Formplatinenschneiden auf Großpressen erfolgt. Die Steuerung des Materialflusses erfolgt über das Demag-WMS-System.

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In den 175 Meter langen Hallen zur Weiterverarbeitung transportieren sechs Demag-V-Profilkrane die Coils und Platinen. Bild: Demag
In den 175 Meter langen Hallen zur Weiterverarbeitung transportieren sechs Demag-V-Profilkrane die Coils und Platinen. Bild: Demag

Mehr als 1.600 Tonnen kundenspezifische Spaltbänder, Formplatinen und Formzuschnitte aus Stahl- und Aluminiumfeinblechen können an jedem einzelnen Arbeitstag das Stahl-Service-Center von Stahlo in Gera verlassen. Seit vielen Jahren ist Stahlo am Standort aktiv und das so erfolgreich, dass vor zwei Jahren die Jahreskapazität mit einem Neubau auf rund 400.000 Jahrestonnen erweitert wurde. Einer der Gründe dafür sind große Aufträge der Automobilhersteller und Zulieferer. Zum Beispiel fertigt Stahlo für einen OEM in Wolfsburg und Zwickau die Blechzuschnitte für Seitenteile, Dach und Kofferraumklappe.

Verdopplung der Kapazitäten – und neues Materialflusskonzept

Beim Neubau der sechs Hallen mit insgesamt über 22.000 Quadratemetern Fläche hat Stahlo zu den Produktionshallen stirnseitig ein zentrales Coillager mit einer Fläche von über 5.000 Quadratmeter errichtet. Der gesamte Materialfluss wurde neu organisiert und Stahlo hat bestehende Anlagen generalüberholt und umgesiedelt und zusätzlich in neue Verarbeitungsanlagen investiert – zum Beispiel in eine weitere Spaltbandanlage, die in der Lage ist, ultrahochfeste Güten bis 1.900 MPa zu verarbeiten sowie in eine Platinenschneidanlage mit einer Presskraft von 800 Tonnen. Stahlo verfügt nun jeweils über zwei redundante Anlagen, da bereits in Gera neben einer großen Spaltanlage eine der größten Platinenschneidanlagen Europas installiert war.

Die Verdopplung der Kapazitäten erforderte eine Neustrukturierung des Materialflusses. Deshalb wurden in allen Hallen neue Krananlagen installiert – insgesamt sind es zwölf. Die Ausschreibung des Projektes konnte Demag Cranes & Components GmbH für sich entscheiden.

Coillager: Automatisiertes und platzsparendes Handling

Der Materialfluss im erweiterten Stahl-Service-Center beginnt in der größten, neu errichteten Halle. Die Coils mit einem Maximalgewicht von 40 Tonnen werden größtenteils per Bahn und mit Lkws angeliefert. Einer der beiden Prozess-Windwerkskrane setzt das Coil zunächst auf einem von drei motorisch betriebenen Rollentischen ab. Hier erfolgen neben dem Entfernen der Verpackung auch die Wareneingangskontrolle und die Vereinnahmung in das Demag-Warehouse-Management-System (WMS). Während das Entladen manuell geschieht, schalten die Krane beim Beschicken des Lagers in den Automatikbetrieb, das auf einer Fläche von 129 Metern (Kranbahnlänge) und 41 Meter Breite 2.600 Coils Platz bietet.

Stahl und Aluminium: Coilaufnahme mit einem Kran

Die Automatikkrane bewegen die Stahlcoils per Magnet und die Alucoils mit Greifern. Das Handling per Magnet bietet den Vorteil, dass die Coils mit geringeren Zwischenräumen – 400 Millimeter statt 800 Millimeter – gestapelt werden können, weil der seitliche Abstand für die Coilzange eingespart werden kann. Entsprechend erhöht sich der Füllgrad. Die Voraussetzung dafür: Die Krane wechseln über eine fest eingescherte Koppeltraverse das Lastaufnahmemittel. Neben dem Einlagern übernehmen die beiden Automatikkrane auch das Auslagern der Coils an den Übergabepunkten für die fünf Hallen, die quer zum Zentrallager angeordnet sind. Die Umschlagsleistung dieser Krane wurde auf knapp 19 Coils pro Stunde ausgelegt. Darin ist auch die Rücklagerung von Anbruchcoils aus der Bearbeitung inbegriffen. Die fünf Hallen, in denen die Coils zu Präzisions-Halbzeugen verarbeitet werden, erhielten ebenfalls neue Demag-Krane, die jeweils an die ganz unterschiedlichen (Bearbeitungs-)Aufgaben wie zum Beispiel Längsteilen und Pressen angepasst wurden.

In den Hallen 5 und 6, in denen sich unter anderem die Platinenschneidanlagen befinden, sind Prozesskrane mit jeweils 20 Tonnen Tragfähigkeit und eichfähiger Wiegetechnik installiert. Sie übernehmen nicht nur das Coil-Handling, sondern auch das Austauschen und Positionieren von schweren Presswerkzeugen.

Positions-Vorwahl, Smart-Tandembetrieb und Lastwenden

Diese Krane sind mit einer Positioniersteuerung ausgestattet, die das Anfahren vorgegebener Positionen ermöglicht. Die Voraussetzung dafür schaffen lasergestützte Positioniersysteme. Sie überwachen mit hoher Präzision die Position bzw. Distanzierung der Krane auf der Kranbahn, die in Halle 5 rund 175 Meter lang ist. Eine weitere wichtige (Sonder-)Funktion bei den oft großformatigen Blechtafeln ist der Smart-Tandembetrieb. Er ermöglicht das Teamwork von zwei Kranen, die synchronisiert sperrige oder schwere Lasten transportieren. Die intelligente Demag-Sicherheitssteuerung „SafeControl“ ermöglicht es dem Kranbediener, per Tastendruck oder Wahlschalter auf seiner Funksteuerung schnell und sicher zwischen den Betriebsarten Einzel- und Tandembetrieb der Krane zu wählen. Im Tandembetrieb ermittelt die Steuerung jeweils die Lastkollektive und gewährleistet damit nicht nur komfortable Bedienung, sondern hohes Sicherheitsniveau in jedem (Last-)Fall. Außerdem sind die Krane in den Hallen 5 und 6 sowohl von der Mechanik her als auch steuerungstechnisch für das Wenden von Lasten um bis zu 180 Grad vorbereitet. Die Demag-„SafeControl“ überwacht dabei sicherheitsgerichtet das komplexe Zusammenspiel von Kran- und Katzfahrt sowie die Hubbewegung. Bei Unregelmäßigkeiten sowie bei Überlast gibt sie ein Warnsignal aus oder stoppt die Bewegungsabläufe und vermeidet damit gefährliche Betriebssituationen.

„Arbeitskrane“ in V-Profil-Bauweise in drei Hallen

In drei der sechs Hallen werden die Coils „nur“ auf hoch modernen Anlagen geteilt. Hier sind also Coils und Ringe zu handhaben. Diese Aufgabe übernehmen sechs V-Profilkrane mit jeweils 16 Tonnen Tragfähigkeit und einem Spurmittenmaß von 20,5 Metern. Die Profilbauweise schafft die Voraussetzung dafür, dass die Krane bei geringem Eigengewicht hohe Traglasten erreichen und zudem ein reduziertes Schwingungsverhalten aufweisen. Das beschleunigt den Materialfluss beim Handling der Coils und Tafeln und es erhöht die Sicherheit für die Bediener. Eine konstruktive Besonderheit: Einer der V-Profilkrane ist mit einer Doppelbrücke und einem Kettenzug als Außenläufer ausgestattet, um Lasten bis zu fünf Tonnen mit geringstem Anfahrmaß zu erreichen.

Wunsch: Alles aus einer Hand – einschließlich WMS

Zu den Gründen, aus denen sich Stahlo für Demag Krantechnik entschied, gehören das erfahrene Projektmanagement des Kranherstellers sowie die Projektierung und Lieferung der Gesamtlösung aus einer Hand. Das gilt nicht nur für die „Hardware“ der Krantechnik und für die automatisierte Steuerung insbesondere der Prozesskrane. Es betrifft insbesondere auch das Warehouse-Management-System (WMS) von Demag. Es ist Teil des Auftragspaketes und koordiniert – gemeinsam mit dem ERP-System des Standortes – die Steuerung des gesamten Materialflusses im Stahl-Service-Center.

Ein WMS speziell für den Kranumschlag

Dieses Lagerverwaltungssystem, das in jeder Anwendung für die individuellen Anforderungen konfiguriert wird, wurde speziell für die Anforderungen von hochverfügbarem Kranumschlag entwickelt. Im Stahlo-Lager passt das Demag-WMS unter anderem das breitenabhängige Lagerraster selbsttätig an den Lagerbestand an und gewährleistet damit eine stets optimale Ausnutzung des zur Verfügung stehenden Platzes. Jede Umschlagbewegung der Krane wird vom Demag-WMS initiiert und, sobald sie beendet ist, an das ERP-System von Stahlo gemeldet. Kundenspezifische Lagerstrategien, wie etwa die sortenreine Lagerung und die größenabhängige Stapelung von Stahlcoils wurden implementiert und erhöhen die Lagerdichte. Damit ist die Voraussetzung für einen automatisierten Materialumschlag und einen durchgängigen Informationsfluss geschaffen. (ck)

Redaktion (allg.)

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