Digitale Zwillinge für das Warehousing der Zukunft
Wo im Lager befindet sich die gesuchte Palette? Wie viele Lagerplätze habe ich in meinem Lager noch frei? Solche und ähnliche Fragen tauchen in der Praxis tagtäglich auf, vor allem, wenn manuelle Aktionen die Daten des Lagerverwaltungssystems verfälschen. Wirkliche Transparenz in Lager- und Produktionshallen erhält man nur über digitale Karten, welche die Standorte von Objekten und Flächen über den Einsatz eines digitalen Zwillings erfassen und darstellen – und zwar in Echtzeit.
Automatisiertes Verfahren zur Status- und Datenerhebung darstellen
Wirtschaftlich besonders interessant wird diese Lösung, wenn die dafür notwendigen Daten automatisiert und quasi „beiläufig“ gesammelt werden. Das jetzt abgeschlossene Forschungsprojekt Aribic ist unter anderem der Frage nachgegangen, wie sich ein solches automatisiertes Verfahren zur Status- und Datenerhebung darstellen lässt. Die Lösung kennt Dennis Schüthe, Projektleiter bei Still: „Die für den digitalen Zwilling notwendigen Daten haben wir über ein Sensorsetup in den Flurförderzeugen gesammelt, das die zukünftig integrierten Sensoriken ‚simuliert‘ hat. Diese Daten werden dann zu einer digitalen Darstellung der Umgebung kombiniert, in die Cloud übertragen und mit semantischen Informationen angereichert. Dort kann der Bestand mit dem Lagerverwaltungssystem abgeglichen und Diskrepanzen automatisch identifiziert werden.“ Diese angereicherte Karte bietet Live-Informationen des Lagers, da sich die Flurförderzeuge permanent bewegen und die Karte in Echtzeit aktualisieren. So entsteht ein „lebendiger“, digitaler 3D-Zwilling. Das reduziert den Arbeitsaufwand und erhöht die Datenqualität signifikant.
Ganzheitliche Optimierung von Lagerprozessen
Für Unternehmen ist die Echtzeitdarstellung ihres Lagers ein wichtiger Schlüssel zur Optimierung ihrer Lagerprozesse. „Neben der transparenten Lokalisierung fahrerloser und manueller Transportsysteme ist die Optimierung von Fahrtwegen und Lagerstrukturen ein elementarer Mehrwert eines digitalen Zwillings. Hinzu kommen Möglichkeiten der Echtzeitinventur und automatisierter Materialbestellungen durch eine Verknüpfung mit dem Warenmanagementsystem. Auch die Sicherheit im Lager erhöht sich signifikant durch die Erkennung defekter Infrastrukturen oder versperrter Notausgänge in der 3D-Karte“, ergänzt Dennis Schüthe. Das Aribic-Projekt hat durch seine Erkenntnisse sowie durch konkrete Ergebnisse eine wertvolle Grundlage geschaffen für vielseitige digitale Applikationen im Bereich der Intralogistik und Lageroptimierung. Matthias Merz, Senior Director Intralogistics Software Solutions: „Für die kommenden zwei Jahre erwarte ich, dass die Projektergebnisse in konkreten Anwendungen ausgestaltet werden und in kommerzielle Produkte einfließen.“ Bereits im nächsten Jahr wird Still mit der Umsetzung der Forschungsergebnisse in praxistaugliche Produkte starten, zunächst mit Proof-of-Concept-Installationen in realen Umgebungen.
Das Aribic-Projekt auf einen Blick
Das Aribic-Projekt lief von März 2021 bis Ende 2023. An dem internationalen Forschungsvorhaben waren neben dem Konsortialführer Still das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die Universität Toronto mit dem Stars-Labor und der kanadische Sensorhersteller Leddartech beteiligt. Gefördert wurde das Projekt durch das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und das Industrial Research Assistance Program des kanadischen National Research Council (NRC IRAP). Der Hamburger Intralogistikanbieter Still hat unter anderem seinen „OPX iGo neo“ in das Projekt eingebracht – einen mit Sensorik und Kameratechnik bereits bestens ausgestatteten autonomen Kommissionierer.