Deutscher Logistik-Preis 2022 geht an Boxbay
Die Lagerkapazität eines Containerterminals auf gleicher Fläche verdreifachen und das aufwändige und unproduktive Umstapeln komplett vermeiden. Diese Lösung kommt in einer Zeit, in der aufgrund immer größerer Schiffe bei einem Hafenstop auch immer mehr Container gelöscht, zwischengelagert und wieder geladen werden müssen. Gleichzeitig hat sich die durchschnittliche Verweilzeit eines Containers auf den Terminals auch aufgrund der bekannten Lieferkettenprobleme kontinuierlich gesteigert. Damit Lieferketten robuster werden können, benötigen die Terminals eine größere Pufferkapazität, die auf den begrenzten Flächen mit herkömmlichen Prozessen meist nicht geschaffen werden kann.
„Wenn wir auf die Geschichte des Containers zurückblicken, hat sich seit seiner Einführung 1956 nichts Wesentliches geändert“, sagt Carsten Heide, Leiter Projektmanagement beim SMS-Tochterunternehmen Amova. Das wie ein Hochregallager funktionierende Boxbay-Konzept für Container sämtlicher Standardmaße ändert die Prozesse auf den Terminals nun radikal: Zum einen können statt höchstens sechs Containern nun bis zu elf der Boxen übereinander gelagert werden. Vor allem aber liegen diese separat und nicht direkt aufeinander, so dass Umstapelungen komplett entfallen können. Die Container können an mehreren Seiten von Boxbay ein- und ausgelagert werden. Ein umlaufendes Transportsystem, welches die Gassen untereinander verbindet, schafft Flexibilität und Geschwindigkeit beim Umschlag.
Im Januar 2021 ging als Proof of Concept der Partner SMS Group und DP World eine erste Anlage im Hafen von Dubai in Betrieb. Bei einem vollständigen Ausbau der 230 Meter langen, 26 Meter breiten und 50 Meter hohen Pilotanlage lassen sich wasserseitig 500 Ein- und Auslagerungen pro Stunde sowie landseitig 300 Ein- und Auslagerungen pro Stunde realisieren. Die kaiseitige Umschlagtechnologie mit den vorhandenen Containerbrücken kann dabei wie bisher weitergenutzt werden. Die Boxen werden anschließend von den im Terminal eingesetzten Transportsystemen übernommen und bis zur Aufnahmeposition des Boxbay-Lagers transportiert. Dort übernehmen leistungsfähige Regalbediengeräte die Container und transportieren sie über Gassen zu den Regallagerplätzen von Boxbay. Unter dem Lager befindet sich ein umlaufendes schienengebundenes Paletten-Transportsystem, das die Container zur landseitigen Lkw- oder Bahnübergabestation bringt oder sie abholt.
Im Gegensatz zu vielen konventionellen Systemen wird Boxbay vollständig emissionsfrei mit elektrischer Energie betrieben und kann in Verbindung mit grünem Strom CO2-frei arbeiten. Das Dach der Anlage lässt sich optional mit einer großflächigen Photovoltaik-Anlage ausrüsten, die den Strom für den Betrieb der Anlage produziert oder sogar einen Energieüberschuss erwirtschaftet. Ebenso können vertikale Gärten an der Außenverkleidung die Luft reinigen und die Umgebungstemperatur senken. Durch die Kapazitätserweiterung ohne zusätzliche Flächen lassen sich zusätzliche Landerschließungen und schwerwiegende Eingriffe in Natur und Öko-System vermeiden. Das Boxbay-Konzept überzeugte die Jury und setzte sich am Ende klar gegen die Mitbewerber durch.
Ebenfalls im Finale des Deutschen Logistik-Preises standen zwei Konzepte von Volkswagen Group Components in Braunschweig und Heureka Business Solutions in Mannheim. Bei VW geht es um die Produktion und Logistik der Batteriesysteme für E-Autos. Angefangen vom Transport per Bahn und E-Lkw über das hoch automatisierte Materialfluss-System bis zu automatischen Verladungen zeigt sich hier ein beeindruckendes und innovatives Gesamtkonzept. Heureka bewarb sich mit einem neuen Konzept für die Healthcare-Logistik im Klinikum Mannheim. Die Bewerbung stellt die Optimierung der Intralogistik mithilfe künstlicher Intelligenz und eines digitalen Zwillings vor dem Hintergrund der besonderen Herausforderung eines großen Klinikbetriebs vor.