Alles in einem System

Moderner Materialfluss für kleine Losgrößen

Vollautomatisch vom Rohmaterial bis zum gesägten und versandfertig vorkonfektionierten Werkstück: Das österreichische Stahlhandelsunternehmen EHG setzt auf die intelligente Verkettung interner Logistik- und Anarbeitungsprozesse. Die Technik dafür lieferte Kasto: Der Lager- und Sägetechnik-Spezialist installierte bei EHG zwei autonome Sägezellen, in denen von der Materialzufuhr bis zum Behälter- und Palettenhandling alle Komponenten in ein smartes Komplettsystem integriert sind.

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Das österreichische Stahlhandelsunternehmen EHG setzt an seinem Standort Dornbirn auf zwei vollautomatische Sägezellen aus dem Hause Kasto. Bild: Kasto
Das österreichische Stahlhandelsunternehmen EHG setzt an seinem Standort Dornbirn auf zwei vollautomatische Sägezellen aus dem Hause Kasto. Bild: Kasto

Nicht nur Stahlhändler und Lieferant, sondern Lösungsanbieter, Systemdienstleister und kompetenter Partner: So lautet das Selbstverständnis der österreichischen EHG Stahlzentrum GmbH & CO OG. Das 1963 in Dornbirn in unmittelbarer Nähe zur deutschen und Schweizer Grenze gegründete Unternehmen hat sich zu einem international aktiven, unabhängigen Vollanbieter für Industrie, Gewerbe, Handwerk und Handel entwickelt. Das Sortiment umfasst in einem Gesamtlager von rund 45.000 Tonnen mehr als 15.000 Artikel in über 140 Qualitäten und unzähligen Abmessungen aus Stahl und Metall. „Damit verfügen wir über eines der bestsortierten Lager in ganz Mitteleuropa“, erklärt Christian Rüf, Leiter Logistik-Systeme und Prozesse bei EHG. „Das sorgt für eine hohe Verfügbarkeit und kurze Lieferzeiten.“

Mindestens genauso wichtig wie das große Lagersortiment ist EHG allerdings das umfangreiche Dienstleistungsspektrum. „Wir denken nicht in Produkten, sondern in Lösungen“, führt Rüf weiter aus. „Das bedeutet, dass wir unseren Kunden die benötigten Artikel stückgerecht, fertig zugeschnitten und just in time direkt in die Produktion liefern.“ Teil dieser Strategie ist auch ein weitläufiges Liefergebiet: EHG bedient nicht nur Unternehmen in Österreich, Deutschland und der Schweiz, sondern auch Italien, Slowenien, Ungarn, der Slowakei, der Tschechischen Republik und Rumänien. Das Firmennetzwerk umfasst mittlerweile zehn Standorte mit insgesamt rund 360 Mitarbeitern und etwa 6.000 Kunden. 90 Prozent der Lieferungen werden jedoch vom Stammsitz in Dornbirn aus verschickt – entweder per Spedition oder mit dem eigenen Fuhrpark.

Hohe Auftragszahlen, kleine Mengen und Zeitdruck

Ausschlaggebend für den Erfolg des Geschäftsmodells von EHG sind effiziente und reibungslose Anarbeitungs- und Logistikprozesse. „Pro Jahr arbeiten wir etwa 620.000 Auftragspositionen ab, hauptsächlich in kleinen Losgrößen von weniger als zehn Stück“, beschreibt Rüf die Herausforderung. „Dabei stehen wir unter einem sehr hohen Zeitdruck. Manchmal haben wir nur ein bis zwei Stunden Zeit, um einen Auftrag fertigzustellen.“ EHG setzt deshalb auf hochmoderne Lager- und Bearbeitungstechnik: Der Standort Dornbirn verfügt unter anderem über acht vollautomatische Hochregalanlagen, 40 Band- und Kreissägeautomaten und zwei autonome Sägezentren. „Diese Ausstattung macht uns zum modernsten Säge- und Schneidezentrum Europas“, berichtet Rüf.

Sowohl bei der Lager- als auch bei der Sägetechnik vertraut EHG seit vielen Jahren auf die Produkte und die Expertise der Kasto Maschinenbau GmbH & Co. KG. Das Unternehmen aus dem süddeutschen Achern bietet automatische Lagersysteme, aber auch Sägemaschinen, Robotik- und Handling-Lösungen für Metall-Langgut inklusive der dazugehörigen Software aus einer Hand. „Unsere modernen Hochregallager stammen alle von Kasto. Zum Beispiel haben wir allein vier Wabenlager vom Typ ‚Unicompact‘ für die Aufbewahrung von Stäben, Rohren und Profilen sowie ein weiteres für die Blechlagerung installiert“, schildert Rüf. „Darüber hinaus sind in Dornbirn 27 Kasto-Sägeautomaten im Einsatz, von der kompakten und flexiblen Produktionskreissäge bis zur schweren Block- und Plattenbandsäge. Für sämtliche Materialien und Abmessungen gibt es hier die ideale Maschine.“

Autonome Sägezentren ersparen mühsame Arbeit

Besonders stolz ist der Logistikleiter auf die beiden vollautomatischen Sägezentren, in denen von der Zufuhr des eingelagerten Rohmaterials bis zum Sortieren und Abstapeln der gesägten Abschnitte sämtliche Arbeitsschritte komplett mannlos ablaufen. „Hier bearbeiten wir vor allem häufig verwendete Werkstoffe in kleinen Losgrößen“, erklärt Rüf. „Der große Vorteil daran ist der effiziente und schnelle Materialwechsel.“ Die Sägen sind direkt an eines der Hochregallager angebunden und werden von dessen Regalbediengerät (RBG) selbstständig mit dem benötigten Langgut versorgt, ohne dass die Mitarbeiter Hand anlegen müssen. „Das erspart uns die mühsame Arbeit, die größtenteils sehr schweren und bis zu sechs Meter langen Stähle manuell der Maschine zuzuführen.“

Das erste seiner beiden Sägezentren nahm EHG im Jahr 2000 in Betrieb, 2019 wurde die Anlage erweitert. Sie ist mit einer Hochleistungs-Kreissäge vom Typ „Kastovariospeed“ ausgestattet. Die Maschine ist speziell darauf ausgelegt, schnellwechselnde Aufträge vollautomatisch abzuarbeiten. „Ausschlaggebend für diese Anschaffung war, dass eine unserer Sägen nach rund 20 Jahren am Ende ihrer Lebensdauer angelangt war und ersetzt werden musste. Im Zuge dessen beschlossen wir, verstärkt in das Thema Automatisierung zu investieren, um unsere Prozesse effizienter zu gestalten und die Mitarbeiter zu entlasten.“ Dass auch für dieses Projekt die Wahl auf Kasto fiel, überraschte kaum: Schließlich ist das Unternehmen nicht nur seit Jahren bevorzugter Lieferant, sondern verfügt als Hersteller von sowohl Säge- als auch Lagertechnik über das nötige Know-how für die Umsetzung integrierter Komplettsysteme.

Per Roboter von der Säge in die Versandbox

An die Säge ist ein Industrieroboter angebunden, der die fertigen Abschnitte mithilfe von verschiedenen Greifern automatisch aus dem Arbeitsbereich der Maschine entnimmt, entgratet und auftragsbezogen sortiert. Abgelegt werden die Teile in unterschiedlich große Karton- und Kunststoffboxen, die ebenfalls maschinell bereitgestellt werden. „Kasto hat hier für uns eine ganz besondere Lösung entwickelt“, führt Rüf vor. „Ein Behälterkarussell mit acht Palettenplätzen, auf denen der Roboter die jeweiligen Boxen selbstständig platzieren und befüllen kann.“ Über abschüssige Rollenbahnen gelangen die Karton- und Kunststoffboxen in sechs verschiedenen Größen in den Arbeitsbereich des Roboters. Die Steuerung des Sägezentrums ermittelt anhand der Auftragsdaten den für die jeweiligen Werkstücke geeigneten Behälter, den der Roboter anschließend mithilfe eines Saugers auf der bereitstehenden Palette platziert. Während die Abschnitte gesägt und gestapelt werden, erstellt ein Drucker parallel ein Versandetikett für den aktuellen Auftrag. Dieses wird vom Roboter per Sauger in der dazugehörigen Box abgelegt. Ist eine Palette komplett befüllt, rotiert das Karussell einen Platz weiter, so dass ein neuer Ladungsträger zur Verfügung steht. Mit dem Hubwagen oder dem Stapler transportieren die Mitarbeiter die Paletten mit der vorkonfektionierten Ware anschließend zum Versand.

Paletten-Puffer ermöglicht autonomen Betrieb

Die Steuerung der Anlage ist über eine eigens geschaffene Schnittstelle an das bei EHG eingesetzte Warenwirtschaftssystem angebunden. „Damit können wir Aufträge vollautomatisch generieren und abwickeln“, verdeutlicht Rüf die Vorteile. „Wir profitieren von einem einheitlich gesteuerten und verwalteten Materialfluss, bei dem im gesamten Prozess von Warenein- bis -ausgang nur wenig menschliches Eingreifen erforderlich ist.“ Dank des Puffers von bis zu acht Paletten ist es möglich, das Sägezentrum auch über einen längeren Zeitraum autonom laufen zu lassen, zum Beispiel über Nacht. „Das sorgt für einen hohen Durchsatz und ein effizientes Abarbeiten aller anfallenden Aufträge“, schildert ein zufriedener Logistikleiter.

Die Kasto-Lösung überzeugte die Verantwortlichen bei EHG dermaßen, dass sie 2020 ein weiteres Sägezentrum, in das 2007 investiert worden war, mit neuer Sägetechnik erweiterten. „Ausschlaggebend dafür war, dass wir unser bestehendes Hochregallager verlängern und zugleich eine zusätzliche Kommissionierhalle realisieren wollten“, erzählt Rüf. „Die neue Sägezelle ist so in unsere Räumlichkeiten eingebunden, dass sie sich sogar aus zwei Lagerbereichen selbstständig bedienen kann.“ Ausgestattet ist sie mit dem Hochleistungs-Kreissägeautomaten „Kastogripspeed C 10“, der für das gleichermaßen schnelle und präzise Trennen von unterschiedlichen Stählen ausgelegt ist. Ein besonderer Vorteil der Maschine ist ihre Vorschubzangen-Technologie, die für eine lange Lebensdauer bei geringem Verschleiß sorgt. Auch das zweite Sägezentrum verfügt über einen Handling-Roboter und ein Behälterkarussell. „Wir haben mit dieser Säge und der dazugehörigen Peripherie unsere Kapazitäten noch einmal deutlich erweitert und sind damit für steigende Auftragszahlen bei kleinen Losgrößen optimal gerüstet“, erklärt Rüf.

Ergebnis: Schnelleres, besseres und effizienteres Arbeiten

EHG ist mit seinen neuen Kasto-Anlagen rundum zufrieden. „Die Integration der einzelnen Maschinen in ein durchgängiges System ist in dieser Form sicherlich einzigartig“, findet Rüf. „Dies hat natürlich auch den Vorteil, dass wir nur einen Ansprechpartner haben, der sich um alle Belange kümmert.“ Bei Störungen können die Kasto-Experten sich per Fernwartung auf die Anlage schalten und schnell Abhilfe leisten, um teure Stillstandszeiten zu vermeiden. Dies sei jedoch nur selten notwendig: „Die Sägezellen sind äußerst zuverlässig und einfach zu bedienen“, stellt Rüf fest. „Sie sind für unseren Betrieb wirklich eine Bereicherung, mit der wir unsere Arbeit schneller, besser und effizienter erledigen können.“ (ck)

Redaktion (allg.)

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