2-in-1-Speziallösung

Kombination zweier Lagertypen führt zu optimaler Raumnutzung

Die Metzgerei Pfitscher ist ein international geschätzter Hersteller hochwertiger Wurstwaren und Fleischspezialitäten. Kernprodukt ist der nach traditioneller Methode gefertigte Südtiroler Speck, der – leicht geräuchert und luftgetrocknet – am Stück oder konfektioniert in den Versand geht. Zu den Kunden gehören auch viele kleine Fach- und Spezialitätengeschäfte in einem geographisch weit gestreuten Netz. Die Kombination von empfindlichen, haltbarkeitssensiblen Produkten und hohen Erwartungen an Versand und Verfügbarkeit in höchster Qualität macht die perfekte Lagerlogistik zum Dreh- und Angelpunkt des Erfolgs und des guten Namens.

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Das FSP-Shuttle-Lager für den Tagesbedarf der Kommissionierung von frischen und konfektionierten Produkten. Bild: Stöcklin Logistik AG
Das FSP-Shuttle-Lager für den Tagesbedarf der Kommissionierung von frischen und konfektionierten Produkten. Bild: Stöcklin Logistik AG

Südtiroler Speck, ob im Ganzen oder in Stücken, sowie andere Räucherwaren werden in großen Chargen hergestellt und meist vakuumverpackt mehrere Wochen gelagert und gereift. Diese Produkte gehören zu den Langsamdrehern. Frischfleisch sowie aufgeschnittene Fleischwaren hingegen sind nur wenige Tage verzehrfähig und werden daher nur sehr kurz gelagert. Sie gehören somit zu den Schnelldrehern im Lager.

Zu den produkt- kommen prozessspezifische Anforderungen: Waren aus Produktion und Verpackung gelangen in E2-Euro-Normbehälter chaotisch zur Einlagerung. Sie müssen sortiert werden: Behälter mit gleichartigen Langsamdrehern sollen möglichst kompakt eingelagert werden. Behälter mit Speck und Schinkenprodukten werden in der Verarbeitung und Verpackung bedarfsgerecht und in passender Temperatur erwartet. Waren für die fünf Kommissionier-Arbeitsplätze müssen auftragsbezogen und zum Teil in Kleinmengen sehr schnell angedient werden.

Spannende Lösung für eine komplexe Challenge

Für diese vielfältige Herausforderung galt es, eine optimale und hoch effiziente Lagerlösung zu gestalten und sowohl an die Verarbeitung als auch an die Kommissionierung anzubinden. Auf Basis der Analysen und Planung von Stöcklin Logistik AG entschied sich Pfitscher für eine Kombination, die zwei verschiedene Lagertypen unter einem Dach verbindet.

Etwa drei Viertel der neu gebauten Halle wurden als eingassiges Gebindestapel-Kanallager (GKL) angelegt. Diese Lagerform eignet sich besonders für Langsamdreher mit reduzierter Sortimentstiefe. Siebenfachtief und drei Ebenen hoch finden dort fast 3000 9er-Stapel offener E2-Euro-Normbehälter (60 × 40 × 20 Zentimeter) Platz, mit einer Stapelhöhe von 1.720 Millimetern. Diese Behälter können jeweils bis zu 25 Kilogramm Waren aufnehmen. Für die Ein- und Auslagerung der maximal 25.326 gestapelten Behälter sorgen ein vollautomatisches, 7,2 Meter hohes „BOXer“-Regalbediengerät und ein „Storage Rover“ von Stöcklin. Der „Storage Rover“ unterfährt die bis zu 270 Kilogramm schweren Gebindestapel, hebt sie an und transportiert sie auf das Lastaufnahmemittel der Regalbedieneinheit. Anschließend verfährt die Regalbedieneinheit in der Höhe und Richtung zur Förderanlage. Als Zusatzfunktion wurde das Gebindestapel-Kanallager zudem in drei Temperaturzonen unterteilt. Dies ermöglicht, die Produkte vollautomatisch in die passenden Temperaturbereiche zu verfahren, bevor sie, ideal temperiert, zur Verarbeitung – zum Schneiden, Portionieren und Verpacken – befördert werden. Angrenzend an das Kanallager befindet sich das eingassige FSP-Shuttle-Lager für den Tagesbedarf der Kommissionierung von frischen und konfektionierten Produkten. Auf zwölf Ebenen finden hier bis zu 2.736 Behälter Platz, die dreifachtief quer eingelagert werden. Diese Behälter werden von zwölf Stöcklin-FSP-Shuttles bewegt, die jeweils auf einer Ebene fahren. Die Shuttles übernehmen die Boxen aus dem Regal und transportieren sie zu einem Lift mit jeweils zwei Lastaufnahmemitteln, der die Boxen an die Förderanlage zur Einlagerung übergibt. Die Shuttles arbeiten parallel und unabhängig voneinander, sind jedoch so koordiniert, dass sie den Lift optimal nutzen und insgesamt möglichst kurze Fahrwege entstehen. Jedes Shuttle kann 120 Boxen pro Stunde ein- und auslagern. Dadurch ist im FSP-Shuttle-Lager bei Pfitscher ein Durchsatz von bis zu 1.440 Boxen pro Stunde erreichbar.

Zur Optimierung der Lagerkapazität im GKL werden die aus der Produktion und Verpackung kommenden Produkte, die chaotisch in E2-Boxen angeliefert werden, zunächst im FSP-Shuttle-Lager gesammelt. Sobald neun Boxen desselben Produkts mit der gleichen Losnummer zusammen sind, werden sie automatisch gestapelt und ins GKL umgelagert. Zum Projektumfang gehörte die gesamte Planung der Förderanlagen, die – in lebensmittelverarbeitungsgeeigneter Ausführung – Warenannahme, Gebindestapel-Kanallager, Weiterverarbeitung, FSP-Shuttle-Lager und Kommissionierung vernetzt.

Nach Maß entwickelte Software inklusive

Hinter der effizient arbeitenden Gesamtanlage steht eine maßentwickelte, intelligente Lagerverwaltungs- und Materialfluss-Steuerungssoftware, die mit dem Auftragseingang verbunden ist, um Frischeprodukte vorausschauend vorzuhalten und entlang ihrer Haltbarkeit first-in-first-out in die Kommissionierung zu steuern. Sie ermöglicht es auch, Bediengeräte und Shuttle, die über Rückspeisungs- und Sleep-Funktion verfügen, je nach Auslastung energieoptimiert zu fahren. Die Anlage ging im Oktober 2023 nach knapp zwei Jahren Planungs- und Bauphase in Betrieb. Ungeachtet der Erschwernisse durch Corona und als wichtiger Meilenstein des Wiederaufbaus der Betriebsstätte am gleichen Standort nach einem verheerenden Brand.

Ein starkes Prinzip auf Erfolgskurs

„In der Intralogistik gilt es häufig, zwischen optimaler Raumausnutzung und Geschwindigkeit abzuwägen“, sagt Max Studer, Spezialist bei Stöcklin für Automation und Intralogistik in der Lebensmittelindustrie. „In unseren Simulationen für Pfitscher haben wir verschiedene Lagertypen analysiert. Ein reines Multishuttle-Lager wäre aufgrund der Vielzahl an Technik nicht nur teurer, sondern hätte auch nur etwa die Hälfte der Behälterkapazität. Ein Paletten-Kanallager, bei dem bis zu 36 Behälter auf eine Palette gestellt werden, wäre für diesen Einsatzzweck ungeeignet: Pfitscher benötigt nicht 36 Kisten mit derselben Ware – für Bestellungen und Weiterverarbeitung sind 9er-Stapel viel besser geeignet und auch flexibler. Zudem entfallen mit der Gebindestapel-Lagerung die gesamte Funktion des Palettierens und Depalettierens sowie das innerbetriebliche Palettenhandling.“

Der Gedanke, zwei Lagertypen unter einem Dach zu verbinden, hat sich bewährt. Die Kombination von FSP-Shuttle- und Gebindestapel-Kanallager sorgt heute für eine gute Raumnutzung und zugleich hohe Ein- und Auslagergeschwindigkeiten, was nicht nur bei Pfitscher gefragt ist. Darüber hinaus hat sich das Prinzip des Gebindestapel-Kanallagers (GKL) bei Stöcklin zu einem Standard entwickelt und wird überall dort eingesetzt, wo sehr hohe Lagerkapazitäten bei relativ geringem Lagerumschlag gefordert sind – unter anderem bei der Königlichen Bibliothek in Den Haag, die eine Lagerkapazität von 240.000 Gebinden benötigt. (ck)

Redaktion (allg.)

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2-in-1-Speziallösung
Seite 44 bis 45
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