Drei Szenarien für die Anbindung von SAP EWM

Wie Unternehmen ihr EWM flexibel in die IT-Architektur integrieren können

Zu den zentralen Aufgaben in einem Lager gehören im Wesentlichen die Disposition, die Bestandsverwaltung, die Lagerung sowie der Transport von Lagereinheiten. Nicht immer werden all diese Bereiche mithilfe von SAP-Systemen verwaltet. Wenn wir davon ausgehen, dass die Disposition (Vertrieb, Beschaffung, Finanzen, Produktion, Materialwirtschaft) in der Verantwortung von SAP ERP liegt – wie werden dann die anderen Bereiche verwaltet? Im Folgenden wird aufgezeigt, welche Möglichkeiten des Zusammenspiels mit anderen Systemen existieren und welche Integrationsszenarien es in Kombination mit SAP Extended Warehouse Management (EWM) gibt. 

Das SAP EWM bietet verschiedene Möglichkeiten, die Aufgabenbereiche in der Lagerverwaltung abzudecken:

  • Szenario 1: SAP EWM mit integriertem Materialflusssystem (MFS) für den Bestand, die Lagerung und auch den Transport. 
  • Szenario 2: SAP EWM  sowohl den Bestand als auch die Lagerung betreffend. 
  • Szenario 3: SAP EWM verantwortet lediglich den Bestand. 
  • Szenario 4: SAP EWM ist nicht involviert (dieses Szenario wird nicht näher beleuchtet). 

SAP EWM kann alle Aufgaben der Lagerverwaltung (Bestandsverwaltung, Lagerung, Transport) übernehmen. Demgegenüber liegen die Lagersteuerung und die Ausführung von Fahrbefehlen nicht im Aufgabenbereich von SAP EWM, wie hier am Beispiel der von einem Fremdsystem verantworteten Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) zu erkennen ist. Aus diesem Grund stellen die Fremdsysteme für das SAP-System immer eigenständige Systeme dar, die neben der Steuerung des Produktflusses auch andere Aufgaben wie die Optimierung der Lagerbewegung oder zusätzliche Kontrollmechanismen übernehmen können. 

Vor- und Nachteile der Integrationsszenarien

Szenario 1 

SAP EWM bietet mit dem integrierten MFS die Möglichkeit, automatisierte Lager- und Fördertechniken direkt auf Ebene der SPS anzubinden. Dabei ist der Haupteinsatzbereich die Steuerung von Materialflüssen für automatisierte Lagersysteme wie automatische Kleinteil- und Hochregallager. Aber auch die Anwendung in anspruchsvollen, hochautomatisierten Logistikzentren sowie die Einbettung von Internet of Things (IoT)-Szenarien sind möglich. Die Vorteile? Durch die direkte Integration werden typische Fehlerquellen vermieden und die Prozessstabilität erhöht. Darüber hinaus werden die logistischen Prozesse ganzheitlich in SAP abgebildet. 

Szenario 2 

In einem Unternehmen wird bereits ein MFS eingesetzt, das mit dem Lagerverwaltungssystem – verantwortet durch SAP EWM – integriert werden soll? Auch dieses Szenario ist denkbar und richtet sich vor allem an Kunden, deren bestehendes MFS nicht abgelöst werden soll. Ein Grund dafür kann die Verantwortung der SPS und des MFS durch den gleichen Anbieter sein oder die Endanwender:innen, die viele Jahre Know-how in der Bedienung der Bestandssoftware haben.  

Nicht zuletzt besteht vor allem im Hinblick auf die zunehmende Digitalisierung von Prozessen in Unternehmen der Bedarf einer Integration von Nicht-SAP-Systemen. In diesem Zusammenhang erlauben die SAP-Schnittstellen jeder anderen Software den Datenaustausch mit dem SAP-System. 

Es ist jedoch im Einzelfall abzuwägen, ob eine Erweiterung des Bestandssystems einer Neueinrichtung vorzuziehen ist. Für Ersteres müssten die bestehenden Systeme gründlich analysiert und in das neue SAP EWM-System integriert werden, was durch fehlerhafte oder mangelnde Dokumentation erschwert werden kann. Dies kann unter Umständen mit viel Aufwand verbunden sein, da die alten Schnittstellen oftmals seit Jahren im Einsatz sind. 

Szenario 3 

Dieses Szenario kommt – ähnlich wie Szenario 2 – dann zum Tragen, wenn die Materialflusssteuerung sowie die Steuerung, Überwachung und Optimierung von Prozessen von einem Fremdsystem verwaltet wird. Trotzdem soll für die Bestandsverwaltung ein SAP EWM Anwendung finden, da SAP EWM in die Prozesse des ERP bereits hochintegriert ist. 

Auch in diesem Fall bleibt die Frage des Kosten-Nutzen-Faktors einer Erweiterung des Bestandssystems im Vergleich zu einer Neueinrichtung von SAP EWM über alle Aufgabenbereiche und der damit verbundenen Ablösung eines Altsystems. Bei der Entscheidung hinsichtlich der Anbindung von Fremdsystemen an das SAP EWM kann auch der Projektumfang als Entscheidungsgrundlage dienen: Je mehr Fremdsysteme mit dem SAP EWM verknüpft werden sollen, desto aufwändiger und auch kostspieliger wird es. 

Wie funktioniert die Integration? 

SAP EWM besitzt eine Schnittstelle (EWM-LSR-Schnittstelle), über die unterschiedliche Fremdsysteme an SAP EWM angebunden werden können. Die Flexibilität der EWM-LSR-Schnittstelle ermöglicht zusätzlich zur SAP Standard-Schnittstelle kundeneigene Anpassungen und Ergänzungen.  

Anhand des transaktionalen Remote Function Call (tRFC) sorgt die Schnittstelle darüber hinaus für eine Kommunikation zwischen den angeschlossenen Systemen. Dabei sichert das System im Gegensatz zum synchronen RFC die Daten in einem Zwischenspeicher, bevor es sie an das angeschlossene System sendet. Dies führt zu einer Entkopplung von Anwendung und Kommunikation. 

Fazit

Es lohnt sich, das Thema SAP EWM und die unterschiedlichen Integrationsszenarien mit Fremdsystemen genauer zu betrachten. Auch die Integrationsfähigkeit mit Non-SAP-Prozessen ist beachtlich und SAP EWM im Lager flexibel einsetzbar. Egal, für welches Integrationsszenario ein Unternehmen sich entscheidet: Wichtig ist eine gut geplante und abgestimmte Schnittstelle mit einer aktuellen Dokumentation.

Autorin: Tina Pötzl, Consultant SAP Logistics, Leogistics GmbH 

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