Präzise gefertigt und gelagert
Westfalia hat dazu am Hauptsitz in Spaichingen in einer neuen Halle, die sowohl die Produktion erweitert als auch die betriebsinterne Logistik beherbergt, ein einfachtiefes automatisches Teleskopgabel-Lager mit 637 Stellplätzen realisiert. In diesem Fall steht kein zusätzlicher Platzbedarf, sondern die Optimierung der Lager-, Kommissionier- und Versandprozesse im Mittelpunkt.
Kompaktes Lagersystem für Euro-Paletten und Gitterboxen
Ein sehr kompaktes, etwa acht Meter hohes Regalbediengerät (RBG) mit niedrigem Anfahrmaß und höchster Energieeffizienz bedient seit März 2024 per schneller, präziser Teleskopgabel ein einfachtiefes, gerade einmal 61 Meter langes, 4,2 Meter breites und 8,9 Meter hohes Lager für Euro-Paletten und Gitterboxen. Ergänzt wird das System außerdem durch die angrenzende Fördertechnik und Kommissionierplätze.
„Das Fachraster des Hochregals ist für verschiedene Ladeeinheiten (LE) und Höhen ausgelegt“, sagt Westfalia-Projektmanager Frank Ratert. „Die logistischen Aufgaben dieses Automatiklagers: Kombinierte Stellplatzverwaltung im automatischen und manuellen Lager der neuen Logistikhalle, die genaue und lückenlos nachverfolgbare Bestandsverwaltung aller Lager, die Materialflusssteuerung in der Westfalia-Fördertechnik und die Steuerung der Kommissionierung.“
Die bis zu 1,2 Tonnen schweren Ladeeinheiten auf Euro-Paletten und Gitterboxen werden dazu über Workstations der Marke Terra aus der Unternehmensfamilie der Wortmann Gruppe und die von Westfalia entwickelte All-in-One-Intralogistiksoftware „Savanna.NET“ gelagert, verwaltet und gesteuert. Das Warehouse Execution System (WES) vereint Funktionen eines Warehouse Management Systems (WMS) und eines Material Flow Controllers (MFC).
„Pick-by-Light“ beschleunigt Kommissionierung
Die beiden Kommissionierplätze des Lagersystems sind mit Hubtischen und einer Ausleuchtung für LE ausgerüstet – kurz „Pick-by-Light.“ „Das System kennzeichnet die zu entnehmende Ware mit einem Lichtspot“, erläutert Ratert. „Der Laser markiert, aus welchem LE-Quadranten die Mitarbeiter die Ware am Kommissionierplatz entnehmen.“ Anbruchpaletten werden danach wieder ins System eingelagert. Dieses Assistenzsystem verhindert Kommissionier- und Buchungsfehler. Die Bestände werden lückenlos erfasst und nachverfolgt.
Digitalisierung bereinigt Lagerprozesse
„Keine Entnahme ohne Buchung“, fasst Moritz Lange vom Vertrieb der Westfalia Technologies GmbH einen wesentlichen Vorteil zusammen. „Es konnte bisher vorkommen, dass Werkstücke entnommen werden – beispielsweise zur Qualitätskontrolle, um sie zu vermessen oder einem Kunden vorzuführen – und anschließend nicht an die richtige Stelle zurückgelegt oder verbucht wurden.“
„Entspricht der verbuchte nicht dem tatsächlichen Bestand, kann das im ungünstigsten Fall bedeuten, dass ein Werkstück nicht rechtzeitig auffindbar ist oder ein Fehlbestand erst bei der Kommissionierung und beim Packen auffällt. Einzelne Werkstücke werden dann in Kleinstlosgröße mit höheren Kosten nachgefertigt. Lieferungen müssen zu Teillieferungen aufgesplittet werden und verzögern sich möglicherweise. Mit der Automatisierung sind solche Prozessfehler ausgeschlossen. Dies soll zukünftig die Liefer- und Termintreue noch weiter verbessern.“ Unter dem Strich entlastet die Automatisierung das Personal und sorgt für Prozesssicherheit.
Flexibles Warehouse Execution System für Multipaletten
„Das einfachtiefe Lager ist softwareseitig logistisch sehr geradlinig umzusetzen. Denn das Regalbediengerät kann jeden Lagerort ansteuern, das heißt – anders als in tiefen Lagerkanälen – kann es jederzeit auf jede Ladeeinheit zugreifen“, beschreibt Software-Projektmanager Ulrich Middendorf Besonderheiten des Projekts für die Heppler Group. „Es sind also, anders als in unseren Kompaktlagern mit Satellitentechnologie, keine besonderen Lager- beziehungsweise Sequenzierungsstrategien für die Tourenbereitstellung notwendig. Dieses Teleskoplager ist für Westfalia-Verhältnisse besonders klein. Besonders ist auch, dass wir ‚Savanna‘ sehr fein auf die Kommissionierung ausrichten. Unser Warehouse Execution System lässt sich wegen seiner Flexibilität und offenen Schnittstellen über das universelle TCP/IP-Protokoll besonders gut auf individuelle Kundenanforderungen und IT-Umgebungen anpassen.“
Sowohl bei der Aufgabe als auch bei der Kommissionierung nutzt „Savanna.NET“ im Lagersystem für die Heppler GmbH „Pick-by-Light“: „Unsere Software ist in diesem Fall auf Multipaletten ausgelegt“, erklärt Ulrich Middendorf. „Im System gibt es komplette Ladeeinheiten mit Euro-Paletten oder Gitterboxen und Spezialpaletten, die bis zu acht Türme aus Kunststoffboxen aufnehmen können. Bediener müssen diese Mehrfachpaletten bestücken, Teile entnehmen, Paletten neu zusammenstellen oder einen Artikelturm auf einer Palette aus Gründen der Packstabilität auf mehrere Türme aufteilen – und dies alles korrekt im System verbuchen.“
Dazu wird bei der Aufgabe ein Warenbegleitschein mit Barcode per Funkscanner eingescannt. Und anschließend für jeden Artikelturm ein Warenbegleitetikett mit entsprechendem QR-Code ausgedruckt und an jedem Artikelturm angebracht. Dieser QR-Code spart Papier. Statt bei jeder Bestandsänderung einen Begleitschein zu erstellen, wird jede Änderung digital erfasst. Für die gesamte Palette wird beim Buchungsvorgang ein Etikett mit Paletten-ID erstellt und angeklebt. Sowohl bei der Aufgabe als auch bei der Kommissionierung mit anschließender Wiedereinlagerung von Anbruchpaletten zeigt ein Lichtspot jeweils den Palettenquadranten an, in dem Waren zu lagern, umzulagern oder zu entnehmen sind. Bei der Auslagerung wird die Entnahme am Bildschirm per Button bestätigt, die Originalpalette fährt zurück, die bestellten und angeforderten Artikel werden dem Kundenauftrag hinzugefügt. „Durch dieses Prinzip können wir alle Ladeeinheiten stückgenau buchen. Von der Standard-Kommissionierung bis zu Sonderfällen, wenn zum Beispiel Vollpaletten mit einem einzelnen oder vielen gleichartigen Artikeln an Kunden rausgehen. Oder wenn eine Anbruchpalette durch Auffüllen beziehungsweise Zusammenführen verschiedener Türme anderer Paletten zu reorganisieren ist. Oder auch, ein dritter Sonderfall, wenn zum Beispiel ein einzelner verbliebener Artikelturm statisch günstiger auf die gesamte Palette zu verteilen ist. Ändert sich die Aufteilung auf einem Ladehilfsmittel, werden scannergeführt neue Warenbegleitetiketten zum aktualisierten Bestand gedruckt und angebracht.“ Jede Bestandsänderung ist so lückenlos erfasst.
Die Software erlaubt somit die artikelgenaue Kommissionierung und Verwaltung von Multipaletten, so Middendorf. Westfalia liefert neben der Software und den Workstations die entsprechende Peripherie inklusive Funkscanner, Pick-by-Light, Etikettendrucker und mehrere Infodisplays.
Automatisierungsvorteile schon ab wenigen 100 Stellplätzen
„Alle Prozesse werden digitalisiert. Der Mitarbeiter wird durch den gesamten Prozess geführt, sodass keine Buchungs- oder Kommissionierfehler mehr entstehen. Erst über die korrekte Buchung im System sind Waren entnehmbar. Das erhöht die Prozesssicherheit und senkt insgesamt den Verwaltungsaufwand sowie damit einhergehende Kosten“, erklärt Moritz Lange. „Die Automatisierung konzentriert sich bei unserem Kunden Heppler ganz klar auf die Prozessautomatisierung. Auch wenn dort genügend Lagerplatz vorhanden war und der bisherige Durchsatz der Intralogistik ausreichte, hat Automatisierung also entscheidende Vorteile – schon ab wenigen 100 Stellplätzen. Der schnellere Durchsatz und der zusätzliche Lagerplatz sind willkommene Zusatzeffekte.“
Die Suche nach einem passenden Lagerplatz automatisiert und beschleunigt das Westfalia-System ebenfalls. Mehrfachkontrollen an Kontrollstationen und auf dem Lastaufnahmemittel des Regalbediengerätes sorgen – neben der robusten und zuverlässigen Westfalia-Lagertechnologie – dafür, dass das System störungsfrei läuft. Fehlerhaft gepackte LE werden bereits vor der Einlagerung ausgeschleust, um Packfehler zu beheben. Position und Status jeder Ladeeinheit hat der Bediener des WES jederzeit im Blick.
Westfalia liefert als Generalunternehmer und Hersteller von Schlüsselkomponenten das Regal, das RBG und die Fördertechnik inklusive SPS, die IT-Infrastruktur aus dem Haus Wortmann und das selbst entwickelte Warehouse Execution System. Eine künftige Erweiterung sowohl anlagen- als auch softwareseitig ist jederzeit möglich. Die Umsetzung läuft seit Oktober 2023. Das Lagersystem wurde im März 2024 erfolgreich in Betrieb genommen.
Für Patrick Heppler von der Heppler Group ist die Lagerautomatisierung ein weiterer Schritt in der Erfolgsgeschichte des familiengeführten Unternehmens für CNC-Präzisionsteile: „Die Zusammenarbeit mit Westfalia Technologies während der Systemeinführung war sehr gut, es hat alles reibungslos funktioniert. Unser neues Lagersystem von Westfalia hat keine Wünsche offengelassen und ist sehr benutzerfreundlich.“ (ck)
Eine Information der Westfalia Technologies GmbH & Co. KG
Redaktion (allg.)
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