Mitwachsende Software
Flexibilität und langfristige Investitionssicherheit, auch wenn sich im Rahmen von Retrofit- oder Automatisierungsprojekten die Geschäftsprozesse im Logistikzentrum ändern: Bei der Auswahl von Softwaresystemen ein wichtiger, aber schwieriger Entscheidungsfaktor. Tatsächlich fällt Softwaresystemen eine entscheidende Rolle bei der digitalen Transformation in der Intralogistik zu. Moderne Software verarbeitet die erfassten Daten und bereitet sie für Managementanalysen auf. Sie steuert den Einsatz der Betriebsmittel und Lagertechnik und optimiert die Prozesse. Doch angesichts der rasanten Technologieentwicklungen sind die zukunftsgerechte Auslegung von Prozessen und IT-Systemen sowie ihre Konfiguration für einen Zeitraum von mehr als drei bis fünf Jahren heute kaum noch sicher planbar. Nach einer solchen Zeit wird es meist problematisch, neue Automatisierungs- und Subsysteme zu integrieren beziehungsweise aus einem veralteten Warehouse Management System (WMS) eine koordinierte Prozessteuerung zu gewährleisten. Die Folge: hoher Zeit- und Kostenaufwand für die erforderlichen Anpassungen. Als zukunftsfähige Enabler der digitalen Transformation erweisen sich vor diesem Hintergrund Upgrade- und release-fähige Softwaresysteme. Die kontinuierliche Übernahme aktueller Releases oder ein grundsätzliches Versions-Upgrade nach mehreren Jahren erlauben es, die jeweils aktuellen technologischen Entwicklungen und Lösungsoptionen an die Softwareprodukte anzubinden, weitere Optimierungen zu generieren und umzusetzen. Beispiel: die Hettich Logistik Service GmbH & Co. KG mit Sitz im ostwestfälischen Kirchlengern/Bünde.
Koordinierte Prozesssteuerung und durchgängige Transparenz
Unter dem Namen des 1888 gegründeten Traditionsunternehmens steht inzwischen eine weltweit verzweigte Unternehmensgruppe im Markt. Rund 8.000 Mitarbeitende sowie 40 Tochtergesellschaften, Produktionsstandorten und Niederlassungen in 24 Ländern Amerikas, Europas und Asiens versorgen die Kunden aus Möbelindustrie, Fachhandel und Handwerk sowie der gesamten Do-It-Yourself Branche mit Scharnieren, Funktions- und Möbelbeschlägen. Das Produktspektrum reicht von kleinen Verbindungsbeschlägen über drei Meter lange Profile für Schiebetüren-Möbel bis hin zur Ausstattung für Küchen, Bäder und Büros. Die Versorgung der weltweiten Standorte und der internationalen Möbelindustrie hat das Traditionsunternehmen mit einem Investitionsvolumen von rund 25 Millionen Euro 2005 in einem Zentrallager am Unternehmenssitz in Kirchlengern zentralisiert. Herzstück der Anlage ist ein zehngassiges automatisches Hochregallager (HRL) mit mehr als 27.000 Palettenstellplätzen. Dem HRL ist eine Kommissionierhalle vorgelagert. Dort bedient Palettenfördertechnik zwölf Kommissionierplätze nach dem Prinzip Ware-zum-Mitarbeiter. Überdies sind manuelle Lagerbereiche sowie ein Kragarm-Langgutlager, ein Export- und ein Nahbereichspuffer eingerichtet. Insgesamt stehen im Logistikzentrum 7.000 verschiedene Artikel im Zugriff. „Hinsichtlich der Materialflusssteuerung und Lagerverwaltung hat unser Augenmerk vor allem auf optimal koordinierte Steuerung der Automatisierungskomponenten sowie eine durchgängige Abbildung der Prozesse gelegen“, erklärt Anja Sasse aus dem Leitungsteam der Lagerlogistik Hettich Logistik Service GmbH & Co. KG, zuständig für die Bereiche operative Steuerung und Qualitätsmanagement. Den Zuschlag für das entsprechende Warehouse Management System (WMS) erhielt die PSI Logistics GmbH mit „PSIwms“.
Seit 2006 ermöglicht „PSIwms“ im Hettich-Logistikzentrum transparente Lagerverwaltung und steuert koordinierte Intralogistikprozesse. Mit seiner Release- und Upgrade-Fähigkeit konnte das Softwaresystem alle Neuerungen im Hettich-Logistikzentrum wie etwa weitere Automatisierungs- und Digitalisierungsschritte funktional optimal abdecken. „‚PSIwms‘ ließ sich in den vergangenen siebzehn Jahren flexibel an alle Veränderungen unserer Geschäftsprozesse anpassen“, sagt Anja Sasse.Vor diesem Hintergrund hat Hettich sich jüngst mit dem Angebot für Upgrade-as-a-Service (UaaS) durch PSI Logistics perspektivisch technologiesicher ausgerichtet. „Wir hatten auch Alternativen geprüft, aber gegenüber „PSIwms“ keine vergleichbare Systemqualität und funktionale Tiefe ermittelt“, erklärt Sasse. „Mit dem neuen Release bleiben unsere Prozesse entwicklungs- und zukunftsfähig. Durch die Multisite-Fähigkeit des Systems könnten wir demnächst drei Außenläger anbinden, die direkt aus dem WMS verwaltet und gesteuert werden.“ Als Zwischenebene unter dem ERP-System koordiniert und steuert „PSIwms“ mehrere Standorte und initiiert mit einer lagerübergreifenden Bestandsführung und -optimierung automatisch die zum Betrieb notwendigen Materialströme zwischen den physischen Standorten. Damit fungiert „PSIwms“ als unternehmensweit übergeordnetes WMS.
Automatisierte Wareneingangserfassung
Durch die spezielle Systemarchitektur von „PSIwms“ bleiben bei einem Releasewechsel alle individuellen Konfigurationen von Hettich erhalten, während die Neuerungen des Systemstandards vollumfänglich verfügbar sind. Im Produktstandard bietet „PSIwms“ alle Funktionen, um die Geschäftsprozesse aller relevanten Lagerformen, -strategien und -technologien abzubilden, zu steuern und zu koordinieren. Darüber hinaus umfasst das WMS weitreichende Management- und Dispositionsfunktionen zur Optimierung der Bestandshaltung und für ein kosteneffizientes Ressourcenmanagement. Insgesamt reicht das Spektrum richtungsweisender Optimierungsfunktionen in „PSIwms“ etwa mit interaktiver Lagervisualisierung, dynamischer Ressourcenplanung, adaptivem Auftragsstart und dem integrierten Warehouse Service Broker weit über die in der VDI-Richtlinie 3601 empfohlenen Kern- und Zusatzfunktionen für WMS hinaus. Kundenspezifisch zugeschnittene Module und Funktionalitäten wie automatisierte Wareneingangserfassung, Case Calculation, Planungsleitstand, Staplerleitsystem (SLS) und Yard-Management optimieren die Ressourcenauslastung, Prozessplanung und -effizienz. So hat Hettich zur gleichmäßigen Auslastung der personellen und maschinellen Kapazitäten Anlieferungen in definierten Zeitfenstern etabliert. Damit werden die Warenströme entzerrt. Das überlagernde SAP-Hostsystem übermittelt die zu erwartenden Mengengerüste per Vorab-Avis an „PSIwms“. Die Anlieferungen von rund 2.700 Paletten pro Tag werden an sechs Wareneingangstoren direkt auf Fördertechnik entladen und automatisiert erfasst. Nach Gewichts- und Konturenkontrolle der Wareneingangspaletten sowie einem Abgleich mit den Avisdaten vergibt „PSIwms“ die Lagerplätze im Hochregallager und koordiniert die entsprechende Prozesssteuerung von Fördertechnik und Regalbediengeräten (RBG). Mit der physischen Einlagerung meldet das WMS die Daten an das Hostsystem als Bestand zurück.
Auslagerung, Kommissionierung und Warenausgang sind bei Hettich geprägt vom Liefer(wunsch)termin der Kunden. Auf diesen Termin hin errechnet, koordiniert und steuert „PSIwms“ alle Operationen der Auftragsbelieferung. Die Aufträge kommen aus dem Hostsystem in das WMS. Anhand des vorgegebenen Verladetermins und hinterlegter Prozesszeiten berechnet „PSIwms“ rückwärtig, nach dem „Pull-Prinzip“, die Kommissionier- und Bereitstellungsprozesse. Zum richtigen Zeitpunkt startet das IT-System dann automatisch die Auslagerung der Quellpaletten aus dem HRL und steuert diese entweder an die zwölf Kommissionierplätze oder direkt in den Warenausgang. Für die Auftragsfertigung koordiniert „PSIwms“ im Zusammenspiel mit dem Materialflussrechner eine sequenzierte Auslagerung der Quellpaletten an die Kommissionierplätze. Dort erhalten die Kommissionierenden exakte Informationen über Kommissionier- und Verpackungsvorgaben sowie die Verwendung von Ladehilfsmitteln. „In der Regel umfasst das Auftragsspektrum im zentralen Logistikzentrum Ganz- und Mischpaletten“, sagt Sasse. Kleinmengenaufträge werden an einem separaten Kommissionierplatz zur Übergabe an KEP-Dienstleister vorbereitet.
Zur frühzeitigen Planung der benötigten Ladungsträger und Transportkapazitäten sowie der entsprechenden Packvorgaben für die Kommissionierenden ermitteln die Disponenten mit der Case Calculation in „PSIwms“ auf Basis hinterlegter Stammdaten, Kundenvorgaben und allgemeiner Parametern Inhalt, Art und Anzahl der Packstücke. In die Kalkulation der benötigten Kapazitäten fließen überdies „weiche“ Faktoren wie Stapelbarkeit oder Angaben über zusätzliche, extern zu ladende Packstücke ein.
Yard-Management für Effizienz bei Be- und Entladung
Die weitsichtige Disposition mit der Case Calculation „PSIwms“ verringert zudem den Flächenbedarf für Auftragsfertigung und Bereitstellung. „Ohne ‚PSIwms‘ konnten die benötigten Puffer- und Transportkapazitäten erst nach der Kommissionierung und Sichtung des tatsächlichen Versandaufkommens durch die Disponenten ermittelt werden“, erläutert Sasse. „Wir verloren Fläche und durchschnittlich einen Tag bis zur Auslieferung.“ Per Case Calculation planen die Disponenten bei Hettich bereits im Voraus Bearbeitungsprozesse, Verladetermine, Kommissionier- und Verpackungskapazitäten sowie die Zuordnung der Aufträge auf bestimmte Warenausgangszonen. Mit den Ergebnissen erfolgen die Disposition der Transportdienstleister und die Laderaumbuchung. „Das senkt die Transportkosten, steigert die Planungssicherheit und wir sparen Zeit und Fläche“, fasst die Anja Sasse zusammen.
Mit Abschluss der Kommissionierung transportiert Fördertechnik die kommissionierten Mischpaletten sowie die Direktauslagerungen aus dem HRL in den Bereich der Verpackungsbereitstellung für den Warenausgang. Dabei sorgt das WMS für eine auftrags- und belastungsorientierte Zuordnung sowie eine gleichmäßige Verteilung der Paletten auf die Verpackungsbahnen. An deren Ende übernehmen Stapler, geleitet vom integrierte Staplerleitsystem (SLS) Transport Control (TCS) im „PSIwms“, die Paletten und transportieren sie wegeoptimiert zu den jeweiligen Bereitstellungsflächen an den 21 Warenausgangstoren. Das SLS ist seit 2022 auch als vollständige Web-Applikation einer Stand-alone-Lösung für optimierte Produktivität und Ressourcenplanung der innerbetrieblichen Transporte verfügbar. Zur Identifikation der Paletten kommen Long-Range-Scanner zum Einsatz, die mit den Datenterminals der Stapler verbunden sind und mit dem WMS kommunizieren. Nach vollständiger Bereitstellung der Auftragspaletten erfolgt die Rückmeldung der Daten aus „PSIwms“ an das Hostsystem. Parallel dazu stößt das WMS den Druck der erforderlichen Packstücketiketten und Versandpapiere an.
Im Planungsleitstand erfolgen mit dem Yard-Management im „PSIwms“ abschließend die Transport-Disposition für den jeweiligen Folgetag und die Torzuweisung der Lkw. „Das Yard-Management sorgt für Effizienz bei der Be- und Entladung der ankommenden Lkw ohne Zeitverlust“, unterstreicht Logistikerin Sasse. Mit Bereitstellung der jeweiligen Warenausgangspaletten erstellt das Leitstandpersonal am Verladetag auf einer grafischen Bildschirmanzeige per Drag and Drop das Zuordnungsmuster für die Lkw aus der Parkzone an die entsprechenden Verladerampen. Den Lkw-Fahrern wird das Verladetor auf einer speziellen Outdoor-Anzeigetafel mitgeteilt. „Die konsequente Nutzung des Staplerleitsystems und die systemseitige Überwachung aller Transportbewegungen stellen den optimalen zeitlichen Ablauf der Prozesse sicher und gewährleisten eine fehlerfreie Verladung“, erklärt Sasse.
Täglich mehr als 3.000 Paletten mit insgesamt durchschnittlich 2.000 Lieferscheinpositionen werden auf diese Weise im Warenausgang des Hettich-Logistikzentrums bereitgestellt. „Der Funktionsumfang von ‚PSIwms‘ unterstützt mit durchgängiger Transparenz und zentraler Steuerung der Prozesse vom Wareneingang bis zur Auslieferung unseren hohen Anspruch an Lieferfähigkeit und Qualität der Auftragsfertigung“, resümiert Sasse. „Logistik ist für Hettich ein Erfolgsfaktor.“ (jak)
Eine Information der PSI Logistics GmbH
Redaktion (allg.)
Anhang | Größe |
---|---|
Beitrag als PDF herunterladen | 1.69 MB |
· Artikel im Heft ·