How to change a running system
Für eine Modernisierung bestehender Systeme und Anlagen haben Unternehmen unterschiedliche Gründe. Denn Retrofits betreffen nicht nur die technische Modernisierung und Automatisierung von Anlagen, um effizienter oder leistungsfähiger zu werden. Oft sind auch organisatorische Gründe Auslöser, etwa wenn eine neue Lagerstruktur benötigt wird, um den Materialfluss zu verbessern oder eine Umnutzung des Lagers zum Beispiel von Produktion zu Distribution angedacht wird. Daneben nimmt der Bedarf an Software-Retrofits zu, bei denen veraltete Software durch neue Lösungen ersetzt wird, um den wachsenden Anforderungen der Lager und Nutzer gerecht zu werden. Die konsequente Modernisierung baut Fehler- und Frustpotenziale ab, etwa herkömmliche sperrige Dialoge oder Arbeitsschritte, die noch via „Zettel und Stift“ erfolgen, und schafft attraktivere Bedingungen für die Mitarbeitenden. Gleichzeitig steigern Unternehmen die Effizienz durch die Reduzierung manueller Arbeitsschritte oder durch die Einführung übersichtlicherer Benutzeroberflächen.
Auch die zunehmende Standardisierung spielt eine entscheidende Rolle bei der Entscheidung für einen Retrofit. Unternehmen, die bereits an anderer Stelle SAP-basiert arbeiten, setzen auch auf SAP als Lagerverwaltungslösung, was Prozesse vereinheitlicht und Schnittstellen reduziert – gleichzeitig erhöhen sie so ihre Effizienz und Zukunftsfähigkeit.
Veraltete Software als wichtiger Treiber für Modernisierungen von Lagersystemen
Ein häufiger und unausweichlicher Modernisierungsgrund ist der Ersatz veralteter Software. Diese Legacy-Systeme werden oft nicht mehr herstellerseitig unterstützt oder weiterentwickelt, es fehlen Updates oder Techniker mit dem Know-how, um sie zu warten. Veraltete Software, etwa Materialflussrechner oder Lagerverwaltungssysteme stellen sogar ein Betriebsrisiko dar, wenn sie die nötige Sicherheit nicht mehr gewährleisten. So brauchen Betriebe neue Lösungen, um den aktuellen Anforderungen gerecht zu werden.
Im SAP-Falle bedeutet dies konkret einen Zwang zur Modernisierung, da alte Lösungen im SAP EWM 9.5 von SAP bis Ende 2027 abgekündigt wurden. Unternehmen müssen ihr System in den nächsten Jahren auf SAP S/4HANA migrieren, um für die Zukunft gewappnet zu sein. Die Migration aller Daten und die reibungslose Kopplung aller Schnittstellen ist komplex und benötigt auch kundenspezifische Anpassungen. Werden zudem Softwarelösungen proprietärer Anbieter genutzt, kann eine Umstellung auf weit verbreitete Software wie SAP im Zuge einer Modernisierung der Intralogistik erforderlich sein, um die Harmonisierung und Standardisierung über alle Geschäftsbereiche hinweg voranzutreiben.
Analyse: Herausforderungen der Anlagen und Anwender überwinden
Retrofits bieten große Chancen, bringen aber auch viele Challenges mit sich. Denn im Gegensatz zu Greenfield-Projekten müssen sie bei laufendem Betrieb durchgeführt werden, was die Umsetzung erschwert. Es ist wichtig, Ausfallzeiten der Anlagen so gering wie möglich zu halten und die konstante Versorgung von Produktionslinien und -prozessen sicherzustellen. Dies braucht eine gründliche Analyse des aktuellen Prozesses und der vorliegenden Gegebenheiten. Hierfür sind fundierte Prozess- und Beratungskompetenzen, wie die SWAN sie bietet, erforderlich. Eine agile Projektmethodik und der kontinuierliche Austausch zwischen allen Parteien sind das A und O. Denn die Kommunikation mit den späteren Anwendenden entscheidet über die Akzeptanz der neuen Lösung. Zugleich können Schwierigkeiten und Besonderheiten der Materialflusssysteme und Altanwendungen nur Berücksichtigung finden, wenn individuelle Anforderungen direkt in die Planung mit einfließen. Auch ergonomische System-Oberflächen lassen sich dann passgenau für die Prozesse adaptieren. So entstehen Lösungen mit passgenauen Eingabefeldern, was die Anwenderzufriedenheit erhöht; auch der Go-Live und die Inbetriebnahme erfolgen schneller, da die Mitarbeitenden bereits während der Projektphase zur Anwendung des neuen Systems geschult werden.
Detaillierte Planung, begleitende Emulation und kontinuierliche Tests
Auch bei der Planung von Testreihen ist eine gelungene Kommunikation mit den Anwendenden vor Ort entscheidend. Je mehr Prozesse und MFS-Systeme eingebunden sind, desto mehr Tests werden benötigt. Um diese Testzeiten effizient zu planen, muss die Funktion des Lagers, die Möglichkeit der Versorgung aus anderen Lagern, die Flexibilität bei Lager- und Produktionskapazitäten sowie die Auswirkungen einer Stilllegung und die Verfügbarkeit von Betriebsferien geklärt werden. Bei einem 24/7-Betrieb etwa sind Testzeiten sehr begrenzt. Sofern keine größeren Ausfallzeiten möglich sind, müssen anderweitig Lösungen gefunden werden. Dies kann etwa bedeuten, dass Produktionspläne angepasst werden, um Lager zu entlasten oder Kapazitäten auf andere Standorte umzuschichten.
Die Qualität der Software entscheidet über den Projekterfolg, da Korrekturen bei Wiederinbetriebnahme viel Aufwand bedeuten. In der Regel gibt es bei Software-Retrofits keine sanften Umstellzeiten. Der Übergang von „alt auf neu“ erfolgt von einem auf den anderen Tag.
Um Risiken der Implementierung abzuwenden, verwendet SWAN eine eigene grafische Emulationssoftware für effiziente und realitätsnahe Tests. Diese simuliert das Verhalten der Steuerungstechnik originalgetreu und ermöglicht Tests ohne direkte Verbindung zur tatsächlichen Anlage. Alle automatischen Lagerbereiche und Meldepunkte werden in der Emulationssoftware abgebildet, sodass Prozesse remote bis zur Perfektion durchgespielt und kostbare Testzeiten vor Ort effizient genutzt werden können.
Prozesseinbindung und Schulungen von Key-Usern
Neben der soft- und hardwareseitigen Veränderung bedeuten Retrofits auch Änderungen im Arbeitsalltag der Mitarbeitenden. Denn häufig geht es nicht um das Erlernen eines neuen Programmes, sondern vielmehr um eine Prozessoptimierung. Durch die Vereinfachung von Abläufen entstehen komplett neue Prozesse, die gewohnte Strukturen ablösen. Diese Modernisierungen betreffen zudem nicht nur ohnehin schon technisierte Aspekte, sondern auch manuelle Lagerprozesse, die durch Softwarelösungen ersetzt werden. Werden aus manuellen Lagern teil- oder vollautomatisierte Lager, verändert dies den Arbeitsalltag stark. Dies erfordert eine intensive und frühzeitige Einbindung in Change-Prozesse sowie umfassende Schulungen aller Benutzenden. Je besser dies gelingt, desto leichter fällt dem Team die Eingewöhnung in der neuen Umgebung. „Der kontinuierliche Austausch und eine gemeinsame Optimierung schaffen deutlich mehr Akzeptanz und Identifikation mit der neuen Situation“, betont Kai Starke, Director Realization und Mitglied der Geschäftsführung bei SWAN. „Dank unserer agilen Projektmethodik sind die User:innen laufend integriert. Neue Dialoge werden beispielsweise direkt mit den künftigen Nutzer:innen getestet und nicht erst am Schluss in einem Schulungsblock vermittelt. Das ist für alle Beteiligten deutlich angenehmer und effizienter.“ Werden die Nutzer und Nutzerinnen ab Start eingebunden, gelingt es leichter, Veränderungen zu vermitteln und Stolpersteine zu beseitigen. Der Schulungsaufwand ist im laufenden Prozess geringer als gesammelt zum Go-Live.
SWAN setzt weiter auf eine intuitive Usability, die die Prozesse der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Lager schon bei der Entwicklung mit einbezieht. Alle SAP-Weiterentwicklungen sowie hauseigenen Applikationen bauen auf dem hoch-individualisierbaren SAPUI5-Standard nach Fiori-Richtlinien auf. Die Intralogistik-Profis schaffen so intuitive Benutzeroberflächen, die für höchste Akzeptanz und Nutzerfreundlichkeit am Shop Floor sorgen. Denn nur, wenn am Ende eines Projektes auch die Vermittlung der optimierten Prozesse gelingt und diese angenommen werden, ist der Retrofit erfolgreich umgesetzt. (ck)
Eine Information der SWAN GmbH
SWAN setzt auf eine intuitive Usability, die die Prozesse der Mitarbeitenden im Lager schon bei der Entwicklung mit einbezieht. Bild: SWAN
Retrofits bieten große Chancen, bringen aber auch viele Challenges mit sich. Denn im Gegensatz zu Greenfield-Projekten müssen sie bei laufendem Betrieb durchgeführt werden, was die Umsetzung erschwert. Hier ist es wichtig, Ausfallzeiten der Anlagen so
Success Story auf einen Blick
SAP EWM/MFS für die Triumph International AG
Die Triumph AG hat ihren Produktionsstandort Wiener Neustadt zu einer Logistikdrehscheibe umfunktioniert, die als Verteil-zentrum für Europa fungiert. Die Anforderung war, die baulichen Gegebenheiten sowie das bestehende LVS-System in ein modernes Logistikkonzeptmit hohem Automatisierungsgrad zu integrieren. Dies erforderte eine detaillierte Analyse der Prozesse und SPS-Schnittstellen durch die SWAN GmbH. Nach etwa drei Jahren Projektlaufzeit konnte Triumph das vorige LVS-System durch SAP EWM, MFS und SAP UI5-Anwendungen vollständig ablösen. Die agile Projektmethodik ermöglichte es, überschaubare Arbeitspakete zu definieren, die alle Projektbeteiligten integrierten. Die Logistik-Expert:innen der SWAN haben Triumph dabei auch in die Oberflächen- und Prozessgestaltung eingebunden. So stellte SWAN sicher, dass die Software und die Usability den Anforderungen entsprechen. Dank Emulate 3D zur SPS-Simulation genügten für die Materialflusstests mit der Altanlage wenige Testwochenenden vor Ort. Die laufende Produktivanlage im Altsystem wurde nicht beeinträchtigt. Wegen der Corona-Pandemie fanden zahlreiche Testungen und die Go-Live-Betreuung komplett remote statt. Die enge Kommunikation während der kompletten Projektphase führte zu einer hohen Lösungsakzeptanz und letztlich zur reibungslosen Inbetriebnahme. Außerdem war Triumph so von Beginn an in der Lage, die Lagerprozesse weitgehend selbstständig zu betreiben. Mit dem implementierten SAP UI5 MFS Monitor konnten daneben SPS-Störungen in der Automatikanlage einfach erkannt und behoben werden.
Das agile Projektteam der SWAN hat bei diesem Retrofit viele Value-Added-Services (VAS) Prozesse an 48 VAS-Stationen samt vollständiger MFS-Anbindung des automatischen Lagers mit Behälter- und Palettenfördertechnik, Hochregallager sowie AKL, Retrapick und 4-fach-tiefen Sortiertürmen implementiert.
Redaktion (allg.)


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