Digitaler Wandel

Zukunftssichere Intralogistik dank Digitalisierung

Dass digitale Transformationen maßgeblich zu konstantem wirtschaftlichem Erfolg eines Unternehmens beitragen, ist längst kein Insider-Tipp mehr. Zunächst ist die Scheu vor Investitionen in die nötige Soft- und Hardware groß. Über kurz oder lang bringen diese aber viele Vorteile mit sich und fördern die Konkurrenzfähigkeit des Betriebs. Gerade in der Intralogistik ist Digitalisierung ein aktuelles Thema. Verändertes Kaufverhalten, befeuert durch die anhaltende Covid-19-Pandemie, verlangt nach neuen Logistiklösungen.

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 Bild: Gorodenkoff/stock.adobe.com
Bild: Gorodenkoff/stock.adobe.com

Der digitale Wandel hat die Lagerlogistik fest in der Hand. Bereits die privaten Einkaufsgewohnheiten spiegeln eine Entwicklung wider, die sich in der Industrie fortsetzt. Leere Shoppingmeilen und volle digitale Warenkörbe. Branchenübergreifend ist der E-Commerce-Bereich stark gewachsen. Klarer Profiteur dieser Entwicklung: die Logistikbranche. Produktionskapazitäten, Lieferketten, Warenfluss, Transport, Kommissionieren, die Ansatzpunkte sind vielfältig. Zunehmende Automatisierung, „intelligente“ Produktion und die vermehrte Vernetzung von Lieferketten dank wachsendem E-Commerce-Bereich verlangen neue Lösungen. Als Bindeglied zwischen Produktion und Handel hat die Intralogistik eine entscheidende Schnittstellenposition und muss sich vielen Anforderungen gleichzeitig stellen. Das Ersetzen von papiergetriebener Kommissionierung, Staplersteuerung und Inventur sind anzustrebende Ziele, die einen schnellen Mehrwert auf vielen Ebenen bieten. Ohne lästige Zettelwirtschaft sind viele Stationen im Betriebsablauf weniger fehleranfällig bei gleichzeitiger Prozessbeschleunigung und Effizienzsteigerung. Ist Digitalisierung also der Schlüssel zu mehr Prozessoptimierung, Zeit- und Kosteneffizienz?

Verändertes Kaufverhalten durch E-Commerce-Boom

Der Online-Handel geht durch die Decke. Kundinnen und Kunden bevorzugen immer häufiger eine kontaktlose und sichere Lieferung. Der Wunsch nach einer schnellen, kurzfristigen Lieferung nach Hause wird dabei immer größer. Der wachsende Online-Handel hat den Trend zu vollumfänglichen End-to-End-Prozessen (Prozess vom Bedarf bis zur Leistungserbringung) und die Thematik der dezentralen Fulfillment-Center weiter gestärkt. Gerade Warehouse-in-Shop oder die Nachfrage nach kurzfristiger Lieferung haben große Auswirkungen auf die Lager- und Lieferprozesse, ihre Verknüpfung wird zunehmend enger. Hier sind digitale Transformationen und Logistiklösungen gefragt – vor allem im Bereich Logistik-Software.

Status quo: Digitalisierungsstand deutscher Betriebe

Deutsche Lager weisen hinsichtlich Digitalisierung ein geteiltes Bild auf. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie firmenexterne Logistikdienstleister (Third Party Logistics, 3PL) haben noch Nachholbedarf. Hier zählen hohe Investitionskosten und fehlendes internes Know-how zu den Ursachen. Speziell bei 3PL kommen häufig noch kurze Vertragslaufzeiten mit Partnern hinzu, was die Planbarkeit beeinträchtigt und somit auch die Investitionsbereitschaft hemmt.

In der Logistik sind Digitalisierung und Automatisierung eng verknüpft. Beide Posten sind bei KMU vieler Branchen noch ausbaufähig. Einen Baustein hierfür stellt die Implementierung einer passenden Lagerlogistik-Software dar. In automatisierten Prozessen der Intralogistik ist die Integration von Daten, Technik und Mensch immer in großem Umfang gegeben und damit wird von vornherein ein hoher Digitalisierungsstand erreicht. Sobald SAP als Lagerverwaltungslösung im Einsatz ist, lässt sich durch die vertikale Integration in alle ERP-Module die Basis für weitere Digitalisierungsvorhaben herstellen. Die SWAN GmbH, Projekthaus für SAP-Logistik, beispielsweise setzt an dieser Stelle an und befasst sich überwiegend mit automatisierten oder teilautomatisierten Logistik-Anlagen auf Basis von SAP-Software. „Nachholbedarf sehen wir im Bereich der Digitalisierung von Dokumenten und dem Informationsaustausch über Unternehmensgrenzen hinweg. So ist die Kontrolle von Bestellungen und Anlieferungen anhand von gedruckten Lieferscheinen immer noch ein überwiegend analoger Prozess“, so Alexander Bernhard, Geschäftsführer der SWAN GmbH zu dieser Entwicklung.

Ein standardisierter Prozess zum Austausch der Informationen kann an dieser Stelle Abhilfe schaffen, scheitert jedoch oft an gesetzlichen Rahmenbedingungen oder der Unfähigkeit, eine branchenweite Einigung über einheitliche Datenformate zu etablieren.

Was lässt viele Unternehmen noch zögern?

Digitalisierungsprojekte sind oftmals nicht unmittelbar rentabel. Erst durch die Verknüpfung unterschiedlicher Digitalisierungsvorhaben ergibt sich ihr Mehrwert. Neue Projekte sollen langfristig Ausgaben senken. Faktoren wie Wartung, Support oder Lizenzkosten entsprechender Software-Tools bringen allerdings auch laufende Kosten mit sich. Diese sind häufig nur schwer messbar und daher nicht einfach gegen die zu erwartenden Einsparungen aufzurechnen. Entsprechend fehlt oft der Blick für das große Ganze oder ein Impuls und konkrete Beratung von „außen“, um die wirtschaftlichen Vorteile einer nicht unerheblichen finanziellen Investition beurteilen zu können. Daneben ist auch die Bereitschaft, etablierte Strukturen und Prozesse anpacken und verändern zu wollen, entscheidend.

Digitalisierungsprojekte erfordern Geschäfts-, Prozess-, Stamm- oder Bewegungsdaten, die meist nicht in konsolidierter Struktur oder durchgängig im Betrieb vorhanden sind. Daher ist Vorarbeit gefragt. Die Datenbasis muss bereinigt, Daten erstmalig erfasst und weitere Schritte in die Wege geleitet werden. Dafür ist eine enge Zusammenarbeit der zentralen Schnittstellen im Unternehmen und eine saubere Definition der Prozesse wichtig. Gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen kann auch Manpower oder die Laufzeit der Umstellung von einem oder mehreren Jahren schon eine erste Hürde sein, die es zu überwinden gilt.

Digitalisierung in Zeiten des Fachkräftemangels

Der wachsende Logistiksektor leidet bereits seit Jahren unter fehlenden Fachkräften. Gerade in der Intralogistik werden Digitalisierungsvorhaben keine Wunderlösung zur Bekämpfung dieses Problems darstellen. Fachkräftemangel in Europa und Nordamerika lässt sich dadurch nicht entschärfen – er wird lediglich verlagert. Der Faktor „Arbeitsleistung“ wandert vom Shopfloor in Richtung IT- und Daten-Analyse. Somit wächst sogar der Bedarf an noch spezialisierteren Fachkräften. In diesem Bereich ist der Mangel an qualifizierten Mitarbeitenden bereits heutzutage weitaus höher als in anderen Bereichen.

Die systemtechnische Verknüpfung bisher isoliert ablaufender logistischer Prozesse, wie Absatzplanung, Lagerhaltung oder Transport, eliminiert und beschleunigt viele bisher kaum wertschöpfende Prozesse. So fallen an diesen Punkten weniger Tätigkeiten an. Gleichzeitig steigt aber auch die Transparenz der Waren- und Wertströme. Denn durch Digitalisierung entsteht im Prozessablauf eine vergrößerte Datenbasis, die sowohl für mehr Transparenz sorgt als auch für weitere Analysen und Auswertungen genutzt werden kann. Das wiederum führt zu einer Optimierung der Prozesse und macht punktuelle sowie zielgerichtete Veränderungen möglich.

Mit steigendem Digitalisierungsgrad erhöht sich die Standardisierung vieler Abläufe. Es gibt weniger Ausnahmefälle, aber auch weniger Komplexität der einzelnen Schritte. Gewisse Tätigkeiten erledigt das System selbst, sie erfordern also keine manuelle Arbeitskraft.

Steuerungsprozesse werden aber zunehmend anspruchsvoller, hier können moderne Warehouse-Management-Lösungen ansetzen, die Prozesse allerdings nicht komplett vereinfachen. Analytische Komponenten und Tools, übersichtliche Darstellung von Zuständen der Anlagen über Visualisierungen, Dashboards und KPIs liefern den Mitarbeitenden Transparenz und Entscheidungshilfen für die weiteren Arbeitsschritte. SAP bietet hierfür viele Möglichkeiten. Technologien wie SAP Fiori stellen Dashboards übersichtlich und visuell dar. Mittels Add-on-Entwicklung ist es möglich, passgenaue, bedürfnisgerechte Lösungen zu schaffen.

SAP-EWM-Add-ons für spezielle Anforderungen

Für viele Branchen und Anwendungsbereiche stellt SAP-Software als Standardlösung eine solide Basis dar. Bei Sonderfällen hingegen sind Add-ons für etablierte Softwarelösungen gut geeignet. Sie stellen zudem eine wirtschaftlich umsetzbare Lösung dar, da der Bedarf, spezielle Anforderungen abzudecken, meistens nur in den Randbereichen von Prozessen gegeben ist. Auch individuelle, kundenspezifische oder branchenrelevante Anforderungen wie Shop-friendly-Packaging oder Customer-specific-Handling erfordern Add-ons, die der EWM-Standard üblicherweise nicht abdeckt. Allerdings können die meisten funktionalen Add-ons im SAP-Umfeld in vorbereiteten Erweiterungen wie Business Add-ins (BAdIs) implementiert werden und sind daher sehr SAP-standardnah. Usability und vor allem User-Acceptance spielen in der Lagerlogistik eine große Rolle. SAP-Expertinnen und Experten stellen fest, dass der Trend hin zur individuellen Dialogentwicklung geht. Die SWAN GmbH hat aus ihren Kundenprojekten einen breiten Fundus an Usability-Erweiterungen in „SAPUI5“ sowie einen 3D-Logistik-Leitstand, der als Digital Twin eine direkt in SAP EWM integrierte alternative Sicht auf das Lager ermöglicht. Zudem verfügt das Unternehmen über mehrere Add-ons im Bereich Materialfluss zur Ansteuerung von Maschinen.

Digitalisierte Intralogistik und ihre Vorteile

Die Benefits einer digitalisierten Intralogistik liegen auf der Hand. Aus der klaren Durchsicht und Überprüfung aller Daten und Prozesse resultiert eine umfängliche Transparenz über alle Abteilungen hinweg. Eine darauf aufbauende Prozessoptimierung kann Fehlerquellen und Durchlaufzeiten minimieren, Prozessabläufe beschleunigen und Anlernzeiten neuer Mitarbeitender verkürzen. So kann die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens erhalten oder gar wiederhergestellt werden.

Andreas Simon, Director SWAN 
SAP Consultancy

Andreas Simon
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Digitaler Wandel
Seite 22 bis 24
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