„Der Weg ist das Ziel“
Christina Kasper:Herr Bach, was ist Ihrer Meinung nach eigentlich ein Start-up? Was macht es aus?
Robert Bach:Das Wort Start-up bedeutet für mich schnelles Wachstum. Dafür braucht es ein Produkt, das sehr viele Menschen interessiert und mit dem sich somit auch sehr viele Menschen erreichen lassen. Beides muss beim Start-up zusammenkommen, damit es starkes Wachstum gibt. Das ist extrem schwierig.
Woher kommen die Ideen für ein solches Produkt?
Die Ideen entstehen meist eher zufällig. Es gibt einfach Menschen, die stellen sich andere Fragen als alle um sie herum. So kommen sie dann eher auf die Idee, ein Problem auf eine besondere Art und Weise zu erkennen und zu lösen und damit einen Nerv zu treffen. Das ist im Großen und Ganzen ein zufälliger Prozess. Und wenn beides zusammenkommt – was super selten ist – dann entsteht ein Start-up, das sehr schnell wachsen kann.
Auf Ihrer Internetseite steht, dass Sie pro Jahr drei Start-ups unterstützen. Wie gehen Sie dabei vor?
Bei den meisten Start-ups gibt es ein Gründerteam, das die Idee hatte und eine Finanzierung sucht. Bei uns ist das anders. Wir gründen die Start-ups selber. Und das Schwerste für uns ist, richtig gute Probleme ausfindig zu machen. Wir fangen nicht, wie die meisten Konzerne, mit den Lieblingsideen der Manager an oder den gerade angesagten Technologien, sondern wir fangen beim Problem an. Haben wir das, dann versuchen wir, zusammen mit den Gründungsinteressierten so schnell wie möglich zu beweisen, dass das Problem keines ist.
Was meinen Sie damit genau?
Jedes Unternehmen hat viele Probleme, aber nur wenige sind dringend. Wir müssen mit potenziellen Kunden herausfinden, welche Probleme wichtig und dringend sind. Nur die wecken so viel Interesse, dass jemand bereit wäre, ein Zweit- und Drittgespräch mit dem Gründerteam zu führen und zu sagen, wenn ihr aus dieser Idee heraus ein Start-up gründet, bin ich von Anfang an dabei.
Wie viele Start-ups wurden denn bei Beam bisher gegründet und wie lief das ab?
Wir haben jetzt acht Start-ups gegründet. Im Vorfeld erarbeiten wir bei Beam die Probleme. Entdecken wir dabei ein Problem, bei dem wir glauben, da geht was, da gibt es noch keinen Wettbewerb, da gibt es einen großen Markt, dann fassen wir das auf einer Folie zusammen und machen diese dann Gründungsinteressierten zugänglich.
Im Jahr 2021 hatten wir 475 Initiativbewerbungen und 290 Menschen, die sich nach einer von uns initiierten LinkedIn-Kontaktaufnahme für mehr Informationen zu unserem Gründungsprogramm interessierten.Davon wiederum waren nur 160 mit uns in einem ersten Termin, bei dem wir Minimalkriterien anlegen.
Was für Kriterien sind das?
Na zum Beispiel, hat derjenige oder diejenige schon einmal irgendwas erreicht? Hat er schon Berührungspunkte mit Start-ups gehabt und kann glaubhaft verstehen, wie da gearbeitet werden muss? Wenn wir glauben, dass derjenige das hat und über die richtige Grundmotivation verfügt, kann er bei uns anfangen. Das waren letztes Jahr nur 26. 14 Nationalitäten in 17 Teams, also 17 Probleme, die validiert wurden, und daraus wurden drei Start-ups und sieben Gründer. Also unter einem Prozent wurden bei uns zu Gründern.
Was ist denn die richtige Grundmotivation?
Die Motivation ist eigentlich eine schöne Geschichte. Start-up-Gründer sind, glaube ich, getrieben von einem von drei Faktoren: entweder sie wollen reich werden, berühmt werden oder die Welt verbessern. Und vor dem Weg zu diesem Ziel liegt ein riesengroßer Stein: die Umsetzung. Was mache ich, wie geht das? Der Hebel, um das aus dem Weg zu stemmen, ist das Problem. Wenn man ein richtig gutes Problem hat, wonach der Markt dürstet, dann hat man etwas, was die Leute interessiert. Beam stellt für die ersten 18 Monate das Startkapital und gibt Feedback, hilft tatkräftig mit. Dennoch hängt es stark von der Motivation und Produktivität der Einzelnen ab.
Und wenn das Unternehmen mit dem Problem erfolgreich am Markt ist, wie geht es dann weiter?
Die ersten 18 Monate sind aus meiner Sicht die schwersten. Und dann wird´s eigentlich auch nicht leichter. Aus diesem Grund ist die Motivation so wichtig, denn eigentlich müssten die Gründer auch den Weg genießen: der Weg ist das Ziel.
Welche Kriterien muss denn ein Gründer für Sie erfüllen?
Er muss gestrickt sein wie ein Schweizer Taschenmesser. Um eine Chance zu haben, muss er vieles können. Er braucht Energie, Widerstandsfähigkeit und Integrität. Ein Gründer kann sich definitiv selber verkaufen. Er muss hinter die Kulissen gucken und validieren. Wir haben einen Auswahlkatalog mit Kriterien, die erfüllt sein müssen. Treiber für die Investitionsentscheidung ist, dass mindestens sechs bis zehn Kunden sagen, wenn ihr das baut, sind wir von Anfang an dabei. Diese Kunden müssen eine Mindestgröße haben und aus dem Bereich Produktion oder Vertrieb sein, also ein eigenes Budget haben.
Wann sagen Sie, das wird nix mit der Idee und der Gründung?
Sie sehen an unseren Zahlen, es gibt einen Schwund am Start, das liegt an den Leuten oder an den Problemen. Reindenken, konzipieren – das passiert alles vor der Gründung, danach geht es darum, die Software zu bauen und zu verkaufen. Die Arbeit mit den Teams, mit den Start-ups, ist ziemlich intensiv. Noch ist kein Start-up Pleite gegangen. Nach den ersten 18 Monaten geht es dann darum, dass es weiter finanziert wird. Das ist nur der Fall, wenn die Gründer ihre Wachstumsziele erfüllen, was man am einfachsten am Umsatz messen kann. Wer es nicht schafft, hat auch extern keine Chance.
Und wenn das Wachstum stagniert?
Bei den meisten Start-ups plätschert das Wachstum irgendwann aus, flacht ab, und dann ist die Frage, was passiert mit dem Unternehmen? Ist es noch profitabel, wird es weitergeführt, konsolidiert oder verkauft?
Herr Bach, vielen Dank für das interessante Gespräch.
» Ein Gründer muss gestrickt sein wie ein Schweizer Taschenmesser. Um eine Chance zu haben, muss er vieles können.
» Jedes Unternehmen hat viele Probleme, aber nur wenige sind dringend. Wir müssen mit potenziellen Kunden herausfinden, welche Probleme wichtig und dringend sind.
» Die Ideen entstehen meist eher zufällig. Es gibt einfach Menschen, die stellen sich andere Fragen als alle um sie herum.
Christina Kasper
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