„ ... damals eine kleine Revolution!“
Jan Kaulfuhs-Berger: Christian Heid, Hand aufs Herz, was gibt es Neues?
Christian Heid: SWF ist nach wie vor eine der erfolgreichsten Marken im Konecranes-Konzern. Unser Mutterkonzern ist als Marktbegleiter weiter in führender Rolle bei den Hebezeuglösungen im Industriekranbereich.Genau dies benötigen wir als globale Marke. SWF ist ja eine der Marken, die am globalsten tätig ist. Wir sind derzeit in 68 Ländern unterwegs. So gesehen also nichts Neues (lacht).
Dann schauen wir doch bitte einmal, bei aller gebotener Kürze, in diese Länder.
Die angesprochenen 68 Länder laufen sehr, sehr unterschiedlich, insbesondere auf Grund der weltwirtschaftlichen, aber auch den politischen Lagen. In Europa mussten wir, ob der starken Zinssteigerungen der EZB, eine eher abwartende Haltung in der vergangenen Zeit verzeichnen. Dies stagniert aktuell, was bedeutet, das sich im Moment die eine oder andere Investitionslücke auftut. Dadurch können wir die gesteckten Wachstumsziele weiter im Auge behalten. Aber, dass muss man an dieser Stelle auch sagen, es ist im Moment nicht einfach.
Da macht der Blick nach Asien, nehmen wir an, etwas mehr Spaß?
Nun, in Südostasien ist das Investitionsverhalten der Unternehmen in der Tat ganz in Ordnung, ein sehr solider Markt. In China allerdings muss man sich derzeit eher durchbeißen. Das Gleiche kann man auch für den südamerikanischen Markt sagen. Unter dem Strich bleibt es aber eine doch angespannte Lage für das erste Halbjahr.
In Nordamerika ist SWF ja nicht direkt vertreten, dennoch ist das sicherlich ein nicht zu unterschätzender Bereich?
Richtig, USA und Kanada werden ja im Wesentlichen von unserer Schwestermarke betreut. Ich kann aber sagen, dass dieser Markt sehr gut gelaufen ist. Man muss jetzt schauen, wie lange dieser Boom dort hält. Das Ganze kommt natürlich in erster Linie unserem Konzern entgegen, schlägt sich aber für SWF auch im Ersatzteilgeschäft nieder.
Karlheinz Schäfer, wir bringen Sie jetzt ins Spiel und schauen uns ein wenig die Produktpalette von SWF an.
Karlheinz Schäfer: Unser Produktportfolio reicht von Elektroseil- und Kettenzügen über Krankomponenten und elektronische Steuerungs- und Überwachungselementen bis hin zu Leichtkransystemen. Um es auf den Punkt zu bringen: Unser größter Geschäftsbereich sind Seilzüge mit den entsprechenden Kransystemen oder Kran-Kits, wie wir es nennen. Danach kommen die Kettenzüge. Diese beiden Komponenten sind unsere Top-Produkte.
Wobei Sie auch im Ex-Schutz stark sind.
Ja, unsere gesamte Produktpalette ist auch in der explosionsgeschützten Variante erhältlich. Zur Logimat haben wir ein neues Produkt auf den Markt gebracht, den explosionsgeschützten Kettenzug „Athlo chain EX Zone 22“. Dieses Produkt brigen wir für die Zone 2 in diesen Tagen heraus. Zum Hintergrund: Je niedriger die Zahlen, desto gefährlicher sind die Zonen.
Die Bedeutung der Zonen ist sicherlich nicht jedem in der Branche geläufig.
Es gibt eine schöne Darstellung, um das bildhaft zu machen: Stellen wir uns vor, ein Tanklastwagen transportiert Gas. Der Lastwagen selbst wird als Zone 0 bezeichnet - dies ist der Bereich mit dem höchsten Sicherheitsrisiko. Zone 1 ist die direkte Umgebung des Fahrzeugs, beispielsweise der Bereich, in dem das Gas abgelassen wird. Das stellt die zweithöchste Gefahrenstufe dar. Zone 2 umgibt die Zone 1, sie ist also weiter vom Lkw entfernt, wo das Gas abgenommen wird. Je höher die Nummer der Sicherheitszone, desto größer ist der Abstand zur vermeintlichen Zündquelle und somit auch das Sicherheitsniveau. Das Risiko von Explosionen geht aber nicht nur von Gasen aus. Auch andere Substanzen wie etwa Staub oder Mehl können unter bestimmten Bedingungen explodieren. Man unterscheidet also zwischen verschiedensten Medien, die jeweils unterschiedliche Risikoeinstufungen aufweisen. Für diese speziellen Situationen bringen wir in Kürze ein weiteres Produkt auf den Markt.
Stichwort neues Produkt: Auch der Elektro-Seilzug „Nova rope“ ist in dieser Reihe zu nennen.
Ja, „Nova“, ganz generell gesagt, ist unsere Top-Seilzugmarke, die knapp vor der Jahrtausendwende auf den Markt kam. Die „Nova“-Baureihe war damals eine kleine Revolution, wie unsere Partner das nannten. Es hat sich etwas abgehoben von den Wettbewerbern vom Aufbau her, von der Struktur und vielen kleinen intelligenten Sachen. Diese Baureihe hat sich etwa 25 Jahre am Markt gehalten, und nun kommen wir mit den Nachfolgemodellen …
… „Nova 2“, welche auf der Logimat zu sehen war. Was sind die Unterschiede?
Unsere neue Baureihe unterscheidet sich im Wesentlichen von der „Nova 1“ darin, dass wir in der Seiltechnologie nicht mehr nur Stahlseile verwenden, sondern auch mit dem synthetischen Seil in den Markt gehen. Und zwar als allererstes Unternehmen in der Branche, das sich damit bei allen Kranen auf den Markt wagt. Beide Lösungen werden auch ihre Einsatzgebiete haben.
Weil Skepsis in der Branche gegenüber den synthetischen Seilen herrscht?
Ja, weil anfangs sicherlich eine gewisse Skepsis herrscht, da sich jeder erst damit vertraut machen muss. Aber, das synthetische Seil hat klare Vorteile: Es ist wesentlich leichter, etwa 90 Prozent leichter als ein Stahlseil. Man braucht weniger Varianten von verschiedenen Seilausführungen. Rechtsgängig, linksgängig – das ist bei Stahlseilen sehr wichtig, aber beim synthetischen Seil spielt das keine Rolle mehr, weil die Seilstruktur das mit einer Konstruktion abdecken kann.
Welche Rolle spielt das Gewicht?
Durch das geringe Gewicht sind synthetische Seile für Servicetechniker leichter zu tragen, zu montieren, zu wechseln. Und es wird Anwendungsgebiete für synthetische Seile geben wie in der Nahrungsmittelindustrie, der Chemiebranche, weil man sie zum Beispiel wie Stahlseile nicht schmieren muss. Auch haben wir den neuen Seilzug „Nova 2“ so konstruiert, dass wir mit gleichen Seiltrommeln, gleichen Haken alles mit einer Konstruktion abdecken. Wenn wir vom synthetischen Seil auf ein Stahlseil umändern, muss man nur Kleinteile und ein Seil erneuern, ansonsten kann man den gleichen Seilzug verwenden. Trotz eventueller Skepsis ist ein „Türöffner“, dass jeder selbst entscheiden kann, welche Art Seil er für seinen Anwendungsfall einsetzt. Auch kann der Kunde später von der einen auf die andere Variante ohne große technische Änderungen umsteigen.
Auch die Digitalisierung spielt also zunehmend in den Kranbereich hinein?
Hier ist der nächste Schritt, dass wir mit digitalen Systemen und Apps Auslesungen und Bearbeitungen von Parametern an Umrichtern oder Datenerfassungsgeräten vornehmen können, also über Handy-App jederzeit digital bearbeiten, speichern und auslesen können
Dass der Bediener dies von zu Hause macht, ist aber noch Zukunftsmusik.
(lacht) Das ist Zukunftsmusik. Aber es gibt auch in dieser Richtung bereits erste Schritte.
Zurück zu Ihnen, Christian Heid. Fachkräftemangel ist ein Wort, welches man in den vergangenen Monaten immer wieder hört.
Christian Heid: Ja, auch wir spüren diesen sehr deutlich, insbesondere im Bereich Elektronik, Elektroniktechniker und Mechatroniker. Ein aktuelles Beispiel aus unserem Haus: Wir haben erst unlängst eine Stelle besetzen können, die über ein halbes Jahr vakant war. Das Gleiche hören wir auch von unseren Partnern, insbesondere im Bereich der Servicetechniker.
Nun ist Fachkräfte gewinnen die eine Seite, die andere, diese dann zu halten.
Es ist in der Tat nicht einfach, Mitarbeiter zu gewinnen. Das Halten der Mitarbeiter ist zum Teil unserem SWF-Spirit zuzuschreiben, den wir über die Jahre entwickelt haben. Ich vermeide es eigentlich, im Zusammenhang mit dem Beruf über Familie zu sprechen. Es ist aber etwas Familienähnliches, was den Umgang miteinander betrifft. Man verbringt ja im aktiven Berufsleben mehr Zeit als mit der Familie. Also muss der Mitarbeiter sich wohlfühlen. Wir haben hier bei SWF flache Hierarchien und wollen jedem Mitarbeiter die Möglichkeit der Mitbestimmung, des Mitmachens, des Mitentscheidens geben. Das Ganze ist verbunden mit einer hohen Flexibilität, was sicherlich in einem kleineren Unternehmen wie SWF etwas einfacher umzusetzen ist als in einem Großkonzern.
Wenn wir in die nähere Zukunft blicken, an welchen Stellschrauben drehen Sie?
Die erste Maßnahme, die ganz kurzfristig umgesetzt wird, hat mein Kollege Karlheinz Schäfer ja eben sehr gut ausgeführt. Also die neuen Produkte und Produktsegmente im Ex-Schutz-Bereich mit Zone 2 für den Kettenzug, den „Athlo chain“, die Erweiterung im Leichtkranbereich mit einer zusätzlichen Profilgröße, was mehr Flexibilität für den Partner bietet – und natürlich unser neuer Seilzug. Gleichzeitig vernetzen wir uns noch stärker mit unseren Partnern, um zu überlegen, wie man gemeinsam zukünftig den Markt bearbeiten kann. Das betrifft zum Beispiel das gleichzeitige Bearbeiten von Projekten, die überregional oder auch international sein können. Das ist der eine Benefit. Ein weiterer ist, dem Fachkräftemangel aktiv zu begegnen.
Das müssen Sie bitte noch einmal kurz erläutern.
Man kann überlegen, wo man Partner zusammenbringen kann, bei dem der eine vielleicht gerade einen Überschuss hat, der andere aber an Unterbesetzung leidet. Wir machen uns über Partnernetzwerke intensiv Gedanken. Aber noch ein Punkt brennt mir unter den Nägeln.
Bitteschön!
Wichtig für die Zukunft ist die Erweiterung der Systemwelt, also die Produkte in die Systemwelt und die Vernetzung zu bringen. Kurz gesagt: Einzelne Seilzüge, einzelne Kettenzüge werden in Bälde nicht mehr den Unterschied ausmachen. Auch bei der Krantechnik liegt die Zukunft in den Systemlösungen.
Meine Herren, herzlichen Dank für das Gespräch!
Jan Kaulfuhs-Berger

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