Effizienz nachhaltig verbessert
Es sind beachtliche Dimensionen, die das Distributionszentrum im unterfränkischen Großostheim aufweist, aus dem die Office Depot Deutschland GmbH mit einem 24-Stunden-Lieferservice die Groß- und Handelskunden in den Märkten der gesamten D-A-CH-Region und Benelux beliefert. Auf einer Grundstücksfläche von 82.000 Quadratmetern entstand dort von Mai 2007 bis April 2008 ein 31.000 Quadratmeter großes Logistikzentrum mit vier Hallenbereichen. SSI Schäfer war damals als Intralogistikpartner von Office Depot für die Planung und Realisierung der Automatisierungssysteme sowie der Fördertechnik verantwortlich. An das Lager angebunden ist das viergeschossige Bürogebäude der deutschen Zentrale von Office Depot. Seit 2017 zählen die europäischen Geschäftsaktivitäten des 1986 gegründeten US-Konzerns zum Firmenverbund des deutschen Investmentunternehmens Aurelius mit Sitz in Grünwald bei München. Über die renommierte Marke „Viking“ ist Office Depot ein führender Anbieter in den Produktbereichen Bürobedarf, Druck- und Dokumentendienste, Papier, Computer und Drucker, Firmendienstleistungen wie Facility Management sowie Büromöbel. Der Vertrieb erfolgt über die Bedienung traditioneller Vertriebskanäle und den Online-Shop. Das auf Multi-Channeling ausgerichtete Logistikzentrum in Großostheim ist das größte und eines der modernsten in der Organisation von Office Depot.
Gestiegenes Auftragsvolumen und Artikelspektrum führte zu Kapazitätsgrenzen
Bei volumenstarken Intralogistikprozessen mit Palettenhandling setzt Office Depot in Großostheim weitgehend auf einen manuellen, staplerbasierten Umschlag. Von Beginn an prägt jedoch auch moderne Lager- und Fördertechnik die Auftragsfertigung im Distributionszentrum. „Gemessen an unserem heterogenen Artikelspektrum und der Auftragsstruktur haben wir dort automatisiert, wo es möglich war – viele Prozesse erfolgen allerdings noch manuell“, sagt Peter van Loon, Projektleiter bei Office Depot. Zur technischen Ausstattung für die automatisierten Prozesse, die SSI Schäfer bereits bei der Einrichtung des Logistikzentrums 2007/2008 sowie in einem ersten Modernisierungsprojekt 2015 installiert hat, zählen unter anderem ein vollautomatischer A-Frame für die Schnelldreherkommissionierung, verschiedene Fördersysteme, Kartonaufrichter und -verschließer und Label-Applikatoren.
Mit dem steten Unternehmenswachstum sowie der 2015 erfolgten Logistikkonsolidierung durch die Auflösung und Integration zweier weiterer Lagerstandorte in das internationale Distributionszentrum stiegen Auftragsvolumen und Artikelspektrum rasant an. Kapazitäten und Durchsatzleistung des Logistikzentrums gerieten zunehmend an ihre Grenzen. „Wir haben inzwischen rund 19.000 Artikelstämme auf Lager vorrätig und bearbeiten täglich etwa 14.000 Aufträge – das umfasst insgesamt bis zu 60.000 Auftragszeilen“, erklärt van Loon, der seitens Office Depot die Retrofit-Lösung als Projektleiter begleitete. „Wir mussten bisher noch nicht auf die Ausbauoption zurückgreifen, die uns das Firmengelände bietet. Die Analyse der Bestandsanlage und Materialflüsse ergab ausreichend Optimierungspotenziale, die mit einem Retrofit-Projekt innerhalb der vorhandenen Gebäudestruktur zu erschließen waren.“ Schließlich erhielten die Intralogistikspezialisten von SSI Schäfer den Auftrag für das Projekt zur Materialflussoptimierung und Effizienzsteigerung.
Nachhaltige Entlastung der Hauptförderstrecke
„Konzeptionell sowie hinsichtlich des engen Realisierungszeitraums war es ein sehr anspruchsvolles Projekt“, urteilt Thomas Zach vom Customer Service & Support, der das Projekt seitens SSI Schäfer begleitet hat. „In Zusammenarbeit mit Office Depot arbeiteten wir zunächst ein optimales Materialflusskonzept aus, dann wurde die Fördertechnik entsprechend ausgebaut und wir installierten zwei neue Kommissionier-Loops mit Durchlaufwaagen. Der Kommissionierbereich erhielt eine Erweiterung der Pick-by-Light-Anlage. Schlussendlich wurden die neuen Komponenten und Materialflüsse in die Logistiksoftware ‚WAMAS‘ eingepflegt.“ Eine weitere Herausforderung war das enge Zeitfenster, welches Office Depot für die Realisierung vorgesehen hatte. Überdies sollte das Retrofit-Projekt ohne spürbare Einschränkungen der Lieferfähigkeit bei laufendem Betrieb umgesetzt werden. Gleichwohl: Innerhalb von nur fünf Wochen, von Anfang Mai bis Mitte Juni 2018, war der Umbau abgeschlossen. „Wir arbeiteten insbesondere in den betriebsärmeren Zeiten und an den Wochenenden“, erläutert Zach. „Inklusive Planungsvorlauf, Produktion und Installation bei laufendem Betrieb war das Projekt in gerade einmal 3,5 Monaten nach Auftragsvergabe fertiggestellt. Insgesamt wurden in dieser Zeit zwei neue Fördertechnik-Loops und acht neue Arbeitsstationen eingerichtet und alles an die Bestandsstrecken der Fördertechnik angebunden, die für einen optimierten Materialfluss zudem mehrere Bypässe erhielt.“
Effizienz und Durchsatz der Anlage gesteigert
Durch die verbesserten Materialflüsse entstanden im Kommissionierbereich Freiflächen, auf denen Fachbodenregalanlagen mit Durchlaufregalen installiert wurden, um die Stellplatzkapazität für die Kommissionierung zu erhöhen. Als oberste Devise galt es, die Effizienz der Auftragsfertigung und den Durchsatz der Gesamtanlage zu steigern. Mit den beiden neuen Fördertechnik-Loops von SSI Schäfer sind nun insgesamt sieben im Logistikzentrum installiert, die die Quellbehälter und Zielkartons zwischen den Lagerplätzen, Kommissionierplätzen, der Versandfertigung und dem Warenausgang transportieren und verteilen. Dabei sorgen die intelligent eingepassten Bypässe für eine deutliche Anlagenentlastung und schnellere Durchsätze der Versandkartons auf der fast fünf Kilometer langen Förderanlage. „Vor dem Umbau erwiesen sich die Loops durch Rückstaus oft als Engpässe, weil alle Behälter und Kartons über die Hauptförderstrecke geführt wurden“, sagt van Loon und lobt die Verbesserung durch die Modernisierung: „Mit den zwei neuen Loops, die wir bei etwaigen Störfallen zudem als Staustrecken nutzen können, wurden die Materialflüsse neu gestaltet. Die damit verbundene Entlastung der Hauptförderstrecke steigert unsere Effizienz und Durchsatzleistung bei der Auftragsfertigung enorm, auch in den Bereichen der Bestandsanlage.“ Die Waren-eingänge werden von den Lieferanten mit zweitägigem Vorlauf avisiert und in das Lagerwirtschaftssystem übernommen.
Bis zu 1.000 Paletten kommen täglich im Logistikzentrum an.
Zum Schichtbeginn schwärmen mehr als drei Dutzend Schubmast- und Schmalgangstapler, Frontstapler und Kommissionierwagen im Logistikzentrum aus. Die Flurförderzeuge transportieren die angelieferten Paletten nach der Wareneingangsprüfung und Vereinnahmung per Scan zur Nachschubversorgung in das 14-gassige, manuell betriebene Hochregallager mit 35.000 Palettenplätzen oder direkt an die Bedarfsstellen und Umpackplätze.
Kommissionier-Loop auf Stahlbühnenkonstruktion
Die Auftragskommissionierung erfolgt in unterschiedlichen Materialflüssen, mit verschiedenen Kommissioniersystemen und an separaten Bearbeitungsplätzen. Im vollautomatischen A-Frame von SSI Schäfer sind 750 schnelllaufende Kleinstteile gelagert. Die Artikel werden kontinuierlich vereinzelt und die Speicherplätze des A-Frames von der Außenseite manuell mit diesen aufgefüllt. Nach innen gibt der Automat die Artikel auftragsbezogen auf ein Förderband ab und befüllt so bis zu 1.000 Versandkartons pro Stunde. „20 Prozent der täglichen Kleinwarenbestellpositionen laufen über den A-Frame“, erklärt van Loon.
Des Weiteren erfolgen Kommissionierprozesse an sogenannten Pick-by-Light-Stationen. Hier hat SSI Schäfer vier neue Doppelstationen für die Kommissionierung von Schnelldrehern eingerichtet und in die Bestandsanlage eingegliedert. Besonderheit: Der neue Kommissionier-Loop ist auf einer Bühnenkonstruktion eingerichtet. Er wird von zwei Spiralförderern bedient. Bevor die Installation der Erweiterung erfolgen konnte, wurde bei laufendem Betrieb zunächst die veraltete Bestandstechnik auf der Ebene demontiert. „Die beiden Spiralförderer mussten während des Projektes versetzt werden, um zusätzlich zur Installation des neuen Kommissionier-Loops auf der Bühnenkonstruktion auch den zweiten neuen Fördertechnik-Loop auf der unteren Ebene optimal auszulegen und an die Bestandstechnik anzubinden“, erläutert Zach.
Die Arbeitsbereiche bekommen auf einer Förderstrecke die Zielkartons präsentiert. Alle Kartons werden bei Auftragsstart von vier vollautomatischen Kartonaufrichtern vorbereitet und automatisch mit einem Barcode-Label versehen, der sie durch die Anlage führt. In den insgesamt sieben Kommissioniergängen der Pick-by-Light-Kommissionierung verläuft die Förderstrecke entlang von Durchlaufregalen. Diese werden rückseitig kontinuierlich mit Einzelgebinden – mehrere Verpackungseinheiten hintereinander - bestückt, die von Staplern aus den Palettennachschubregalen oder direkt aus dem Wareneingang zugeführt werden. Gesteuert von der Logistiksoftware „WAMAS“ stoppt der Karton automatisch vor dem Stellplatz des benötigten Artikels. Lichtzeichen auf Leisten unter dem Stellplatz visualisieren die Anzahl der Einzelposten, die aus dem Quellbehälter zu entnehmen ist. Nachdem der Mitarbeiter die entsprechende Anzahl der Artikel entnimmt und in den Auftragskarton legt, vollzieht er die Pick-Bestätigung und die Fördertechnik führt die Versandkartons zur nächsten Kommissionierstation oder zur Versandfertigung.
3.500 Versandkartons pro Stunde
Die von SSI Schäfer installierten Bypässe in der Bestandsanlage ermöglichen die Zuführung der Versandkartons an Pickstationen auch in anderen Kommissionierbereichen und sorgen für eine optimale Auftragskonsolidierung. Bis zu 3.500 Kartons pro Stunde bewegen sich auf der Fördertechnik der Gesamtanlage Richtung Warenausgangssorter.
Zur Qualitätssicherung in den jeweiligen Pickbereichen hat SSI Schäfer die neuen Kommissionier-Loops überdies mit Durchlaufwaagen ausgestattet. „Damit können wir unsere Fehlerquote seit dem Erweiterungs- und Modernisierungsprojekt konstant bei nahezu Null halten“, resümiert van Loon, Projektleiter von Office Depot zufrieden. „Die neuen Loops, die zusätzlichen Kommissionierstationen und die optimal verknüpften Materialflüsse haben die Effizienz deutlich verbessert und die Durchlaufzeiten für die Auftragsfertigung entscheidend gesenkt. Der schnelle, konstruktive Projektverlauf wäre ohne die hervorragende Koordination von SSI Schäfer kaum denkbar gewesen. Das Ergebnis hat unsere Erwartungen vollauf erfüllt.“ (ck)
Christina Kasper
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