Retrofit in Rekordzeit
Kundenzufriedenheit steht im Fokus der Günther + Schramm GmbH, einem Systemdienstleister für Stahl und Aluminium mit Hauptlager im ostwürttembergischen Königsbronn. Die rund 180 Beschäftigten des Unternehmens beliefern ganz Süddeutschland und die angrenzenden Länder mit etwa 60.000 Tonnen Metallen und Kunststoffen pro Jahr. Neben der Qualität seiner Produkte ist dem Metallhändler die Liefertreue besonders wichtig. Käufer sollen die bestellten Artikel so schnell wie möglich erhalten. Eine Voraussetzung dafür: ein reibungslos funktionierendes Materiallager, aus dem sich alle Waren jederzeit auslagern lassen.
„Und genau hier stießen wir immer öfter an unsere Grenzen“, blickt Michael Sticke zurück. Er ist stellvertretender Betriebsleiter bei Günther+Schramm (G+S) in Königsbronn und damit auch für das Hochregallager verantwortlich. Nach rund 30 Jahren Einsatzzeit machte die Mechanik regelmäßig Probleme, die Stillstände häuften sich. „Das war ein Paradebeispiel für die Badewannenkurve“, sagt Sticke. Mit einem solchen Diagramm lässt sich die typische Gerätelebensdauer anschaulich darstellen: In der ersten Phase nimmt die Störungsrate immer weiter ab, darauf folgt eine lange Zeit ohne Zwischenfälle. Schließlich verursachen Alterung und Verschleiß immer häufiger Ausfälle, die Kurve steigt steil an. „Die Beschaffung von Ersatzteilen war nach so langer Betriebszeit sehr schwierig. Es bestand stets die Gefahr, dass wir ein oder zwei Wochen auf ein neues Bauteil warten müssen und solange unsere Kunden nicht bedienen können.“
Der Entschluss stand also fest: Das vorhandene Kasto-Langgutlagersystem vom Typ SNLS 5000/7100 S, der Vorgänger des „Kasto Unitop“, musste modernisiert werden. Bei diesem Hochregallager liegt die Nutzlast pro Kassette bei 5.000 Kilogramm, die Einlagerlänge bei 7.100 Millimetern. „Mit der Technik von Kasto sind wir sehr zufrieden und nutzen neben dem Lager auch unterschiedliche Sägelösungen wie beispielsweise die ‚Kastovariospeed C 15‘ mit dem Roboterhandlingssystem ‚Kastosort‘. Damit war für uns klar, dass wir das erweiterte Retrofit gemeinsam mit Kasto stemmen werden“, betont Michael Sticke. Und noch etwas war elementar: Es musste schnell gehen, denn ohne funktionierendes Langgutlager ist G+S nicht lieferfähig.
Komplett entkernt
Bei der Modernisierung zogen G+S und Kasto sämtliche Register – übrig blieben nur Stahlbau und Kassetten, alles andere musste raus. „Wir ersetzten das Regalbediengerät, den Unterfahrwagen und zwei 4-fach-Umlaufstationen“, erzählt Alfred Schwörer, Vertrieb und Projektleitung Retrofit bei Kasto. „Außerdem brachten wir natürlich die Sicherheits- und Steuerungstechnik wieder auf den neuesten Stand – das war ein absolutes Muss.“
Die Herausforderung: Die komplette Modernisierung sollte in vier Wochen abgeschlossen sein. „Das war echt sportlich“, bekräftigt Schwörer, „doch wir haben es geschafft.“ Mit einem detaillierten Ablaufplan machte sich Kasto an die Arbeit und wurde von den G+S-Beschäftigten tatkräftig unterstützt. Los ging es mit der Dachöffnung des Hochregallagers, um das alte Regalbediengerät mit einem Kran aus dem Gebäude zu heben. Schon im Vorfeld hatten Zimmerleute direkt unter dem Hallendach eine Plattform installiert, um die Arbeiten in luftiger Höhe für die Beschäftigten abzusichern. Mit bis zu sieben eigenen Mitarbeitern montierte Kasto anschließend die Anlagen und erneuerte die Regelungs- und Sicherheitstechnik.
Altes Lager wieder up to date
Herzstück des Retrofits ist das neue Regalbediengerät in Brückenkran-Bauweise mit Fahrwerk, Hubwerk und Lasttraverse. Die Wälzlagerung ist lebensdauergeschmiert ausgeführt. Durch den frequenzgeregelten Drehstromantrieb lässt sich das Gerät durch Kraftübertragung mit vorgereckten und satzweise ausgewählten Präzisionsrollenketten exakt positionieren. Eine Energiekette versorgt es betriebssicher und verschleißfrei. Das System erlaubt einen schnellen Zugriff auf die Kassetten. „Die Konstruktion ist auf Prozesssicherheit ausgelegt – genau das brauchen wir, um jederzeit lieferfähig zu sein“, erklärt Sticke.
Die Kopplung des Antriebs-Zwischenkreises aller Bewegungsachsen inklusive Hubwerksantrieb ermöglicht einen Energieaustausch innerhalb des Systems. Überschüssiger Strom, der zum Beispiel durch Bremsvorgänge entsteht, kann für den Betrieb anderer Achsen genutzt werden. Der gesamte Antriebsverbund inklusive Hubwerk speist überschüssige Energie in das Kundennetz zurück. „Damit schaffen wir eine effiziente und nachhaltige Lösung, die sparsam mit Ressourcen umgeht“, unterstreicht Schwörer.
Schnelles Kommissioniersystem dank Unterfahrwagen
Der neue Unterfahrwagen besitzt zwei Plätze auf Rollengerüsten. Das Wanderkassettenprinzip von Kasto optimiert die Anzahl an Fahrbewegungen, da Ein- und Auslagervorgänge parallel stattfinden. Die Wälzlagerung ist wie beim Regalbediengerät lebensdauergeschmiert. Ein Servo-Umrichter regelt die Antriebe kontinuierlich, eine elektronische Gleichlauffunktion minimiert Lageabweichungen zwischen beiden Antrieben.
Ebenfalls zum Angebot des modernisierten Lagers gehören zwei individuell angepasste Umlaufstationen in Verbindung mit dem Unterfahrwagen zum Ein- und Auslagern von Kassetten. Die Stationen bestehen aus einem 2 × 9 Meter langen Rollengerüst außerhalb der Regalanlage. Alle Rollen sind kugelgelagert und werden über einen frequenzgesteuerten Drehstrommotor angetrieben. Dies sorgt für hohe Energieeffizienz und optimale Ablaufprozesse.
Zentrale Intelligenz für mehr Sicherheit und Komfort
Da G+S schon vorher mit einer Steuerung von Kasto arbeitete, musste die alte Software „Kastolvr“ auf „Kastologic“ aktualisiert werden. Damit erhält der Metallhändler eine bessere Performance und neue Funktionalitäten sowie individuell auf die Abläufe angepasste Features. So gibt es nun beispielsweise eine Historie der Aufträge, Benutzerrechte lassen sich einfach über Gruppen steuern und die Bedienereingaben über die Dialogoberfläche werden kontrolliert. Neben den Basis-Funktionen nutzt G+S das Modul „Stock Production“. Damit kann das Unternehmen seine Lagerbestände und die Fertigung verwalten. „Das grafische Interface mit einer einheitlichen Bedienphilosophie bietet eine gelungene User Experience und unterstützt die Fachkräfte bei ihrer Arbeit im Lager“, sagt Schwörer. Über ein Bedienpult für den „Kastologic Client“ greifen die Beschäftigten auf die Umlaufstation zu. Neben Display, Etikettendrucker und manuellen Bedienelementen besitzt die neue Lösung auch eine Wägeelektronik. Die Menüführung unterstützt die Bediener bei der Ein- und Auslagerung. „Kasto hat unsere Beschäftigten geschult und sie mit der neuen Maske vertraut gemacht“, schildert Sticke. „Natürlich war es nach so vielen Jahren für sie ungewohnt, mit einem neuen System zu arbeiten, aber die veränderten Prozesse haben sich schnell eingespielt.“
Gut aufgestellt für die Zukunft
Aktuell steht jetzt noch die Verknüpfung der Kasto-Umgebung mit der SAP-Welt an. Damit werden sich Auftragsdaten direkt in „Kastologic“ anlegen und pflegen lassen, ohne dafür in das ERP von SAP wechseln zu müssen. „Das kostet zwar pro Order nur wenig Zeit, summiert sich aber natürlich bei unseren vielen Aufträgen“, erklärt Sticke.
Die Zusammenarbeit mit Kasto sei – wieder einmal – sehr gut gelaufen, freut sich Michael Sticke. „Durch den detaillierten Ablaufplan wussten wir immer genau, wo wir gerade stehen und was als nächstes passiert. Nach zwei Wochen hatte Kasto alle Anlagen installiert und die Programmierer konnten sich an die Feinabstimmung machen.“ Nichtsdestotrotz war die Modernisierung eine aufregende Angelegenheit. „Es hat sich definitiv gelohnt, weil wir jetzt für die Zukunft gut aufgestellt sind und wieder verlässlich liefern können. Aber ich bin froh, dass sich um den nächsten Retrofit in 30 oder 40 Jahren mein Nachfolger kümmern wird“, sagt Sticke mit einem Augenzwinkern. (ck)
Eine Information von Kasto
Redaktion (allg.)
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