„Einstieg über Integrator finden“
Jan Kaulfuhs-Berger: Willkommen zum TL-Talk Thementag „Software und Automatisierung“. Wir haben uns bei den vorangegangenen Gesprächen bereits intensiv mit dem Thema WMS beschäftigt. Jetzt widmen wir uns dem Thema AMR in Kombination mit Software. Bevor wir dazu kommen, kurz ein paar Worte zu Dr. Andreas Bahke: Er ist der Supply Chain-Experte, seit 15 Jahren in diesem Bereich aktiv und mit Leidenschaft dabei, Prozessabläufe zu gestalten und zu optimieren. Im Körber-Geschäftsfeld Supply Chain ist er verantwortlich für den Aufbau des AMR-Bereichs in Europa und verantwortet die AMR-Lösungsentwicklung und operative Implementierung von Projekten inklusive der nachfolgenden Betreuung von Kunden. Herzlich willkommen Dr. Andreas Bahke.
Dr. Andreas Bahke: Herzlichen Dank und schön, dass ich hier sein darf.
Gern. Was das Thema AMR betrifft, hört man in der Tat verschiedene Definitionen und Begrifflichkeiten, wie AGV, FTS und AMR. Die Abgrenzung zu AMR ist aus meiner Sicht, dass die Geräte tatsächlich autonom oder teilautonom agieren. Die Geräte fahren und agieren anhand einer Karte, die zuvor mittels Leitersensoren oder 3D-Kameras aufgezeichnet wurde, aber innerhalb dieses Rahmens können sie eigenständig Entscheidungen treffen.
Gern. Was das Thema AMR betrifft, hört man in der Tat verschiedene Definitionen und Begrifflichkeiten, wie AGV, FTS und AMR. Die Abgrenzung zu AMR ist aus meiner Sicht, dass die Geräte tatsächlich autonom oder teilautonom agieren. Die Geräte fahren und agieren anhand einer Karte, die zuvor mittels Leitersensoren oder 3D-Kameras aufgezeichnet wurde, aber innerhalb dieses Rahmens können sie eigenständig Entscheidungen treffen.
Das bedeutet?
Das bedeutet beispielsweise, dass sie an Hindernissen nicht einfach halt machen, sondern diese gezielt umfahren. Dass sie sich, wie ein Mensch es auch tun würde, sagen: Ich möchte ein bestimmtes Ziel erreichen, auf welchem Weg auch immer. Das ist der autonome Aspekt im Unterschied zu FTS, wo ich Marker oder Linien habe, die eine gewisse Limitierung bedeuten.
Die Herausforderungen dieser Zeit sind sehr vielseitig. Was sind, auf die Lagerlogistik bezogen, die Lösungsansätze von Körber?
Wir schauen auf die gesamte Bandbreite, vom manuellen Lager mit einer sehr hohen Flexibilität – auch was die Skalierbarkeit je nach benötigtem Output oder das Artikelspektrum betrifft – bis zur hochspezialisierten Automatisierung. Das Thema AMR oder Robotik ist eine neue Form der Automatisierung, die dazwischen spielt und mit den Stärken der Flexibilität und Skalierbarkeit auftrumpft.
Wir haben im Vorgespräch über Warehouse-Management-Systeme und Warehouse-Control-Systeme im Zusammenhang mit den AMR gesprochen. Das sollte integrativ ja auch zusammenspielen. Wie funktioniert das, wie stellen Sie das dar?
Weil wir im Lager zu Hause sind, wissen wir, dass es immer mehrere Komponenten und Elemente gibt, die erst im Zusammenspiel den gewünschten Output bringen. Das können hochkomplexe Automatisierungen sein, Robotik-Lösungen, aber letztendlich ist es auch der Mensch. Mit unserem Unified Control System (UCS) können wir zwischen den einzelnen Ressourcen balancieren und je nach Auftragslage oder Struktur definieren, mit welchen Ressourcen die Aufträge letztendlich bearbeitet werden.
Ich habe mir noch notiert: Plattform für die Optimierung dieser ganzen Prozesse. Was kann man dazu aus Sicht von Körber noch sagen?
Ich kann ja einen Prozess mit Mitarbeitern abwickeln oder automatisiert. Dann entscheidet man nach Situation oder Auftragslage: Wie shifte ich den Regler? Was mache ich heute mit Mitarbeitern oder über Robotik? Anhand des Artikelspektrums oder des Auftragsspektrums kann man entscheiden, welcher Lösungsweg besser für die eine Situation geeignet ist und welcher für die andere.
Sie hatten es vorhin erwähnt, es geht nicht nur um den Output, die Effizienz, sondern auch um die Flexibilität der Systeme. Man hat ja immer diesen Spannungsbogen zwischen Flexibilität und Standardisierung. Wie löst man das auf in der Praxis?
Das ist die Stärke der Robotersysteme, wie wir sie auch in der Praxis bei unseren Kunden erleben. Sie stehen vor der Herausforderung, dass hinter der Investitionsentscheidung und der Installation immer ein Geschäftsausblick steht, ein Wachstumsplan. Der spiegelt einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren wider. Wenn man die Robotik und die Flexibilität voll ausnutzt, kann man den Businessplan durchaus auf die zehn Jahre rechnen, aber die Investitionen zunächst auf die nächsten zwei Jahre beschränken. Und dann eben das Ganze über die Anzahl der Roboter skalieren, über die Anzahl der Arbeitsstationen, über Regale, wenn es mobile Regale sind. Also heute eine Investitionsentscheidung für die nächsten zwei Jahre fällen und dann skalieren. Zusammengefasst: Insbesondere die modulare Architektur hilft Unternehmen, in unsicheren Zeiten ihre Investitionen maßgerecht der aktuellen Lage anzupassen, ohne auf die Flexibilität einer zügigen Skalierung verzichten zu müssen.
Können Sie das mit einem Beispiel untermauern?
Sicher. Das ist keine theoretische Diskussion. Wir haben da auch entsprechende Beispiele aus der Praxis. Ein Kunde hat einen solchen Businessplan wie gerade beschrieben und hat jetzt schon die zweite Erweiterung innerhalb von zwei Jahren vorgenommen. Er kann die Investitionen „stückeln“, je nachdem wie sich das Geschäft entwickelt.
Man muss also nicht, salopp gesagt, gleich das gesamte Geld in die Hand nehmen, sondern braucht nur für die nächsten zwei, drei Jahre zu planen und kann je nach Geschäftsentwicklung agieren, gegebenenfalls auch zurückfahren.
Richtig. Das können weniger Roboter sein oder auch mehr Roboter; beide Szenarien sind möglich.
Blickt man – nicht nur – auf die vergangene Logimat in Stuttgart, muss man konstatieren, dass sich offenbar viele Hersteller am Markt tummeln. Daher stellt sich die Frage nach den Differenzierungsmerkmalen.
Meine Sicht dazu ist klar: In der Hardware gibt es gewisse Differenzierungsmerkmale, vor allem in der Zuverlässigkeit. Aber der Kunde erwartet schlichtweg, dass die Lösung funktioniert. Der eigentliche Unterschied liegt in der Gesamtlösung immer dort, wo die Wertschöpfung entsteht, beim Picken oder eben auch beim Putten; über die Integration von gewissen Hilfestellungen wie Put-to-light oder Pick-by-light. Das heißt, die Gestaltung des Arbeitsplatzes und die intelligente Auftragssteuerung geben den Ausschlag, indem ich Aufträge zusammenfassen kann und für die Regalandienung zum Beispiel weniger Roboter benötige. Also liegt der Unterschied in der Gesamtlösung und nicht am einzelnen Roboter.
Noch einmal zu den AMR und der offensichtlichen Tatsache, dass gefühlt jedes zweite Unternehmen diese im Angebot hat. Sie haben es eben gesagt: Aus Kundensicht muss es zunächst funktionieren. Dennoch ist nicht jeder zu einhundert Prozent im Thema. Haben Sie einen Tipp, wie man den richtigen Anbieter für seine intralogistische Aufgabe findet?
Wichtig ist, dass man vor Technologiebegeisterung nicht einfach so sagt, ich brauche Roboter! Das war in der Vergangenheit so ein Einstiegspunkt. Jetzt beobachten wir seit einigen Jahren, dass sich Kunden intensiv mit den Lösungen auseinandersetzen und bewusst sagen, wir brauchen Robotik, weil wir gewisse Artikel haben, die anders nicht gehandhabt werden können, oder auch aufgrund des Investitionszeitraums. Meine Empfehlung ist, über einen Integrator den Einstieg zu finden, weil da eine gewisse Vorauswahl stattfindet, was die eingesetzte Technologie betrifft und auch sichergestellt ist, dass alles zusammen funktioniert.
Also auf den Integrator hören, der analysieren kann, worin das Problem eigentlich besteht. Auch ein Punkt, wo Körber ins Spiel kommt.
(lacht) Ja, sicherlich.
Herr Dr. Bahke, das war prägnant und informativ. Ganz herzlichen Dank für das Gespräch!
» Die Themen AMR und Robotik trumpfen mit den Stärken der Flexibilität und Skalierbarkeit auf. Dr. Andreas Bahke, Vice President AMR, Körber-Geschäftsfeld Supply Chain (Bild: Huss-Medien GmbH)
» Wir können mit der Software zwischen den einzelnen Ressourcen balancieren. Dr. Andreas Bahke, Vice President AMR, Körber-Geschäftsfeld Supply Chain(Bild: Huss-Medien GmbH)
» Man kann immer, je nachdem wie sich das Geschäft entwickelt, die Investitionen stückeln. Dr. Andreas Bahke, Vice President AMR, Körber-Geschäftsfeld Supply Chain(Bild: Huss-Medien GmbH)
» Die Differenzierung liegt in der Gesamtlösung und nicht am einzelnen Roboter.
Jan Kaulfuhs-Berger


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