24/7 in der Intralogistik

Die Risiken eines kontinuierlichen Betriebs im Lager

Der Aufstieg des E-Commerce und die unaufhaltsame Nachfrage nach kürzeren Lieferzeiten haben die Erwartungen der Verbraucher grundlegend verändert. Die Käufer von heute verlangen nicht nur Lieferungen am selben oder am nächsten Tag, sondern erwarten auch einen umfassenden Service rund um die Uhr. Dieser Wandel hat Unternehmen dazu veranlasst, auf einen 24/7-Betrieb umzustellen, insbesondere in den Bereichen Logistik und Lagerhaltung.

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Die Zukunft des 24/7-Lagerbetriebs liegt in der Automatisierung. Der Bedarf an 24/7-Lagern in Kombination mit Automatisierungstechnologien ergibt sich aus der Notwendigkeit, die Effizienz zu steigern. Bild: A-Safe
Die Zukunft des 24/7-Lagerbetriebs liegt in der Automatisierung. Der Bedarf an 24/7-Lagern in Kombination mit Automatisierungstechnologien ergibt sich aus der Notwendigkeit, die Effizienz zu steigern. Bild: A-Safe

E-Commerce-Unternehmen erhöhen ihre Kapazitäten, indem sie ihre Lagerflächen und ihr Personal zu Spitzenzeiten wie am Black Friday und zu Weihnachten aufstocken, um der gestiegenen Nachfrage gerecht zu werden. Auch Logistikdienstleister (3PL) passen ihre Arbeitszeiten an und arbeiten rund um die Uhr, um Nachfragespitzen effizient zu bewältigen. Dieser Druck zur Aufrechterhaltung eines ununterbrochenen Betriebs bringt jedoch erhebliche Sicherheits- und Managementherausforderungen mit sich,denen sich die Unternehmen stellen müssen, um sowohl ihre Beschäftigten zu schützen als auch kontinuierliche Betriebsabläufe aufrechtzuerhalten.

Warum der durchgängige Betrieb an Bedeutung gewinnt

Der Bedarf an 24/7-Lagern in Kombination mit Automatisierungstechnologien ergibt sich aus der Notwendigkeit, die Effizienz zu steigern. Laut einer Umfrage von Extensiv berichten die meisten 3PL-Lagerhäuser, dass ihre Effizienz erheblich sinkt, sobald sie eine Auslastung von 80-85 Prozent erreichen. Da 59 Prozent der Lager mit einer Kapazität von über 90 Prozent arbeiten und jedes dritte Lager bereits zu über 80 Prozent ausgelastet ist, zeigt sich ein weit verbreitetes Effizienzproblem. Daher ist ein kontinuierlicher automatisierter Betrieb inzwischen unerlässlich, um die steigende Nachfrage im E-Commerce zu bewältigen – eine Nachfrage, die bis 2027 voraussichtlich ein Viertel des gesamten globalen Einzelhandelsumsatzes ausmachen und einen Wert von 7 Billionen US-Dollar erreichen wird (ein Anstieg um zwei Billionen US-Dollar seit 2021).

Die Eröffnung der ersten KI-gesteuerten „Dark Factory“ in China im Jahr 2024 zeigt, wie aktuelle Geschäftstrends die Einführung des 24/7-Betriebs in der globalen Lagerlogistik weiter beschleunigen werden. Gleichzeitig bringt der Übergang zu einem kontinuierlichen Betrieb und einer erweiterten Automatisierung, so wirtschaftlich attraktiv er auch sein mag, eine Reihe betrieblicher Herausforderungen mit sich. Während Lagerhäuser zunehmend auf intelligente Automatisierung setzen, um ihre Kapazität zu maximieren und die steigende Nachfrage zu bewältigen, sehen sie sich mit komplexen Anforderungen konfrontiert. Dazu gehören der Schutz des Personals aufgrund der zunehmenden Interaktion mit Robotern, der Schutz von Betriebsanlagen und die erhöhte Abnutzung der Maschinen, die zu ungeplanten Ausfallzeiten oder im schlimmsten Fall zu schweren Unfällen führen kann.

Sicherheitsherausforderungen im 24/7-Lagerbetrieb

Das Bedürfnis nach Geschwindigkeit ist ein Risikofaktor, dem besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Höhere Arbeitsgeschwindigkeiten erfordern ein Sicherheitsmanagement auf mehreren Ebenen, um das Unfallrisiko zu minimieren – von schnelleren Mensch-Roboter-Interaktionen bis hin zu längeren Betriebszeiten. Nachtschichten stellen aus menschlicher Sicht besondere Herausforderungen dar – von eingeschränkter Sicht und veränderter Tiefenwahrnehmung bis hin zu verminderter Wachsamkeit des Personals. Die ständige Bewegung von Material und Maschinen erhöht zudem die Anforderungen an das Sicherheitsmanagement, insbesondere beim Schichtwechsel, wenn klare Kommunikation und strukturierte Übergabeprozesse entscheidend sind.

Auch Umweltfaktoren spielen bei einem 24/7-Betrieb eine entscheidende Rolle. Unterschiedliche Lichtverhältnisse zwischen Tag- und Nachtschicht erfordern fortschrittliche Beleuchtungssysteme, während Temperaturschwankungen sowohl den Arbeitskomfort des Personals als auch die Leistung der Anlagen beeinträchtigen können. Unternehmen müssen diese Risiken durch eine geeignete Sicherheitsinfrastruktur minimieren, die auf robusten Schutzmaßnahmen, intelligenter Technologie und umfassender Schulung basiert. So können die Mitarbeitenden vor den gestiegenen Herausforderungen eines kontinuierlichen Betriebs geschützt werden.

24/7: Die Rolle der Technologie für neue Herausforderungen

Technologie spielt eine zentrale Rolle bei der Bewältigung der Sicherheits- und Effizienzherausforderungen im Lagerbetrieb rund um die Uhr. Automatisierung, Robotik und Künstliche Intelligenz (KI) in Sicherheitslösungen revolutionieren den Betrieb von Logistikanlagen. Beispielsweise können intelligente Sensoren in Sicherheitsbarrieren und Regalsystemen Bewegungsmuster erkennen, die auf Unfallrisiken hinweisen, die strukturelle Integrität in Echtzeit überwachen und das Bedienpersonal frühzeitig auf potenzielle Gefahren in stark frequentierten Bereichen aufmerksam machen.

Wenn Geschwindigkeit eine entscheidende Anforderung im modernen E-Commerce ist, dann stellen ungeplante Ausfallzeiten die größte Bedrohung für einen effizienten Durchsatz und die Erfüllung von Kundenerwartungen dar. Technologie, die Risiken durch vorausschauende Analysen minimiert, ist daher ein entscheidender Faktor für langfristigen Erfolg und Kundenzufriedenheit. Dies erfordert Investitionen seitens der Unternehmen – aber alle Trends deuten darauf hin, dass die steigende Nachfrage nach Lagerhaltung kein vorübergehendes Phänomen, sondern ein langfristiger Trend ist.

Die Zukunft des 24/7-Lagerbetriebs liegt in der Automatisierung. Diese Entwicklung ist seit langem absehbar, aber einige Unternehmen haben bisher gezögert, in sie zu investieren. Angesichts der aktuellen Kundennachfrage können es sich die Unternehmen allerdings nicht mehr leisten, auf Effizienzsteigerungen in ihren Prozessen zu verzichten. Das Aufkommen sogenannter „dunkler Fabriken“ – vollautomatischer Anlagen, die wenig oder gar keinen menschlichen Eingriff erfordern – ist ein deutliches Zeichen für die zunehmende Automatisierung industrieller Arbeitsumgebungen. Diese hochentwickelten Systeme bieten eine beispiellose Effizienz, da sie ohne Unterbrechungen und Ermüdungsrisiken arbeiten.

Die Kosten für die Einrichtung und den Betrieb einer Dark Factory sind jedoch nicht für jedes Unternehmen finanzierbar. Daher ist das Hybridmodell für die meisten Unternehmen derzeit die realistischste und effizienteste Lösung. Durch den Einsatz von Robotern für repetitive Aufgaben, während Menschen komplexe Entscheidungen treffen, wird ein optimales Gleichgewicht zwischen Automatisierung und Flexibilität erreicht. Gleichzeitig erhöht dieses Modell die Sicherheit und Effizienz in Hybridlagern.

Die Zukunft der Lagerhaltung gestalten

Der Übergang zu einem 24-Stunden-Betrieb stellt einen entscheidenden Wendepunkt dar. Während dieses Betriebsmodell den Anforderungen des modernen E-Commerce entspricht, hängt sein Erfolg von einem effektiven Risikomanagement und umfassenden Sicherheitsprotokollen ab. Die Kombination von Arbeitssicherheit, Zuverlässigkeit der Ausrüstung und Ausfallsicherheit muss systematisch angegangen werden, um eine nachhaltige und erfolgreiche Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit zu gewährleisten.

Die technologische Revolution im Bereich der Lagersicherheit bietet leistungsstarke Lösungen zur Minimierung der mit dem ununterbrochenen Betrieb verbundenen Risiken. Durch Investitionen in die richtigen Sicherheitstechnologien und die Förderung einer Kultur der kontinuierlichen Risikobewertung können Unternehmen einen nachhaltigen Betrieb rund um die Uhr aufbauen und gleichzeitig ihre Mitarbeiter und die Integrität des Unternehmens schützen. Der Erfolg hängt davon ab, betriebliche Effizienz mit Sicherheit am Arbeitsplatz zu verbinden, so dass Unternehmen florieren können, ohne die Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu gefährden. Es ist wichtig, flexibel zu bleiben, und es liegt in unserer Verantwortung als Führungskräfte, unseren Mitarbeitern die richtigen Werkzeuge hierfür an die Hand zu geben.

James Smith


Co-CEO von A-Safe
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24/7 in der Intralogistik
Seite 20 bis 21
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