Neue Flexibilität im Shuttle-Lager
Entscheidend ist dafür die Entkopplung der vertikalen und der horizontalen Achsen. Der Heber kann maximal auf Leistung ausgelegt werden und verbleibt direkt an der Lagervorzone. Die Shuttles hingegen übernehmen die „Laufarbeit“ – jedes für sich – und schaffen es so mit vereinten Kräften, dass dem Heber niemals langweilig wird. Bis zu tausend Doppelspiele pro Stunde können so zustande kommen und das Gasse für Gasse. Kein Wunder, dass E-Commerce-Verteilzentren Nutznießer der Shuttle-Technologie wurden und für große Projekte bei Herstellern sorgten. Allerdings ist der Markt dafür auch begrenzt – zumal der Platzhirsch Amazon aus den USA im B2C-Onlinehandel auf eine andere Philosophie mit mobilen Robotern setzte. Ein Nachteil dieser Hochleistungs-Shuttle sind sicher hohe Kapitalkosten, die so manchem Automatisierungsprojekt im Mittelstand den Garaus machten. Zumal man ja sein Lager nicht am aktuellen Bedarf auslegt, sondern auf die nächsten fünf oder zehn Jahre plant. Die Folge in einem neuen Shuttle-Lager, zumindest in den ersten ein, zwei Jahren: Fahrzeuge stehen herum und freuen sich über jeden Fahrauftrag – die Auslastung des investierten Kapitals bleibt anfänglich eher überschaubar.
Die Shuttle-Hersteller erkannten folglich, mehr Flexibilität und Skalierbarkeit muss her! Diese Devise gilt zumindest dann, wenn man neue Märkte erschließen möchte und die Anlage unterschiedliche Anforderungen und Leistungsbereiche abdecken soll. Dies spielt insbesondere bei produktionsnahen Anlagen in einer Fabrik eine große Rolle. Hier ergibt sich schnell die Anforderung, dass Shuttles flexibler werden und beispielsweise die Ebene oder die Gasse wechseln sollen, die Rede ist vom 2D- oder gar 3D-Shuttle. Skalierbarkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass man nicht von Anfang an alle Shuttles auch direkt einbringen muss. Die Durchsatzleistung lässt sich durch das Hinzufügen neuer Fahrzeuge im System einfach erhöhen.
Energie- und Datenübertragung für Shuttles in der Intralogistik
Als Hersteller von Energie- und Datenübertragungssystemen begleitet und berät Conductix-Wampfler von Anfang an die Branche mit dem Ziel, die beste Lösung für ein neues Shuttle-System zu finden – unabhängig von der eingesetzten Technologie.
Die Reise begann vor gut 20 Jahren bei zwei bis heute führenden Shuttle-Herstellern mit einer Systemschleifleitung, aus der der heutige Branchenstandard „MultiLine 0835“ hervorging. Ohne Energiespeicher kann auf kleinstem Raum die nötige Spannungsversorgung im Bereich der Schutzkleinspannung bereitgestellt werden. Gleichzeitig können mit dem Ethernet-Datenübertragungssystem „Nexus BB“ Daten über die Schleifleitung übertragen werden. Gewichtsreduzierung durch Wegfall der Energiespeicher, höchste Effizienz, maximale Leistung, Langlebigkeit und Zuverlässigkeit sind die entscheidenden Vorteile dieser Technologien.
In diesem Artikel möchten wir uns aber auf die flexiblen Lösungen für 2D- oder 3D-Shuttles konzentrieren – also die Frage, wie man möglichst einfach zusätzliche Freiheitsgrade schafft. Wie kann es gelingen, sich von den eingefahrenen Bahnen zu lösen und Kreuzungen oder Ebenenwechsel zu bewerkstelligen oder es einem mobilen Roboter sogar zu ermöglichen, das Regal zeitweise komplett zu verlassen? Dazu braucht es Ladekontakte oder Ladestrecken, auf denen ein (kleiner) Energiespeicher während des Bewegungszyklus wieder aufgeladen werden kann. Aber auch die Datenübertragung muss völlig neu gedacht werden.
Flexibel durch Gelegenheitsladung
Zunächst müssen das Gesamtkonzept und der Energiebedarf für ein Doppelspiel aus Ein- und Auslagern im Worst-Case und mit Reserve betrachtet werden. Anschließend identifiziert man die Wartepunkte, an denen ein Energiespeicher nachgeladen werden kann. Am besten natürlich innerhalb der Zykluszeit, um keine Abstriche beim Durchsatz zu machen. Dazu bieten sich die Übergabepunkte zum Beispiel vor dem Heber an. Auch der Energiespeicher ist von hoher Relevanz. Während Kondensatoren nur eine geringe Energiedichte haben, punkten diese mit praktisch unbegrenzten Ladeströmen. Die Ladetechnik muss damit umgehen können, beispielsweise durch eine Strombegrenzung. Bei Batterien kommt es auf die mögliche C-Rate für den Ladestrom an, was häufig ein begrenzender Faktor für die Gelegenheitsladung ist. Hat man nun die Randbedingungen eingegrenzt, lassen sich die einsetzbaren Lösungen ermitteln.
Bei stationärer Gelegenheitsladung bieten die Ladekontakte des Typen „Nano+“ entscheidende Vorteile. Mit einem besonders kompakten Einbauraum, einer praktisch verschleißfreien Kupferrampe und optimiert auf lange Lebensdauer von mindestens einer Million Zyklen – besonders wichtig bei dynamischen Shuttle-Anwendungen, lassen sich unterschiedliche Stromstärken von 25, 50 oder 75 Ampère abdecken.
Nachladen auch während der Fahrt
Es gibt gute Gründe einen Energiespeicher möglichst klein zu halten, wie beispielsweise das Sicherheitskonzept eines Shuttles. Unterstützend hierfür kann es sein, wenn man nicht nur stationär an wenigen Punkten den Speicher aufladen kann, sondern stattdessen auf längeren Ladesegmenten, auch während der Fahrt nachlädt. Hierzu wurde das Schleifleitungssystem „ChargeLine 0865“ entwickelt. Es zeichnet sich durch verschleißarme Trichter zur Ein- und Ausfahrt der speziellen Stromabnehmer aus und ist auf Millionen von Zyklen ausgelegt.
Ob mit stationärem Ladekontakt oder mit hybriden Ladesegmenten – in beiden Fällen gewinnt ein Shuttle an zusätzlicher Flexibilität, kann also beispielsweise eine Kreuzung oder einen Heber durchfahren, ohne auf kontinuierliche Energieversorgung angewiesen zu sein.
Kommunikationsgerät für mobile Roboter
Bleibt noch die Frage der Datenkommunikation zu klären. Die Schleifleitung fällt als „Powerline“-Kanal aus, da diese höchstens streckenweise vorhanden ist.
Mit „Robin‘6“ bietet Conductix-Wampfler ein Kommunikationsgerät für mobile Roboter, das sich in nahezu idealer Weise im Shuttle für eine Wi-Fi 6 basierende Datenübertragung eignet. Der Standard (IEEE 802.11ax) bietet auch im industriellen Umfeld große Vorteile gegenüber den heute weit verbreiteten Vorgängern Wi-Fi 4 und 5. Nicht nur höhere Datenraten, auch optimierte Latenzzeiten, Roaming und ein verbessertes Management größerer Fahrzeugflotten gehören zu den entscheidenden Vorteilen für Shuttles. Hardware- und softwareseitig wird damit auch die Verschlüsselung auf den neuesten Stand WPA3 gebracht und logistische Anlagen der kritischen Infrastruktur im Hinblick auf den kommenden Cyber-Resilience-Act der Europäischen Union schon heute besser gesichert. Durch die kompakten Abmessungen mit einer Gehäusehöhe von nur 27 Millimetern und einem Design, bei dem für eine einfache Montage und Verkabelung alle Anschlüsse auf der Vorderseite positioniert sind, ist „Robin‘6“ bestens zur Integration in kleine mobile Roboter geeignet. Durch zusätzliche GPIOs können Funktionen auf dem Shuttle direkt ausgelöst werden, wie beispielsweise ein Sleep-Mode am Wochenende, um Energie zu sparen und die Shuttles am Montag wieder zuverlässig aufzuwecken. Eine topaktuelle, leistungsfähige Hardware ermöglicht künftige Upgrades wie die Integration eines CAN-Hubs für Energie-Managementfunktionen.
Das Conductix-Wampfler Sortiment bietet Energie- und Datenübertragungslösungen für alle möglichen Anwendungen im Shuttle-Lager ganz gleich ob kontinuierlich versorgte E-Commerce-Anlagen mit hohen Durchsätzen oder flexibel und skalierbare 2D- und 3D-Shuttlesysteme im Produktionsumfeld.
Simon Dülffer
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