Modernes Lagermanagement mit SAP

Einführung SAP EWM MFS bei einem Fahrzeughersteller

In dynamischen Fertigungsumgebungen steht der Zeitdruck stets im Vordergrund. Eine effiziente Lagerhaltung ist hierbei unerlässlich für einen reibungslosen Ablauf, zuverlässige Qualität und maximale Nachhaltigkeit. Um diese sicherzustellen, haben kürzlich die Software-Experten von Artschwager + Kohl (A+K) gemeinsam mit den Automatisierungsspezialisten von Heitec das lokale Materialfluss- und Lagermanagementsystem im Werk eines großen Fahrzeugherstellers erfolgreich ersetzt.

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Materialfluss im virtuellen Modell Bild: A+K / HEITEC
Materialfluss im virtuellen Modell Bild: A+K / HEITEC

Es war der Wunsch der Konzernleitung des Kunden, das auf der proprietären Software eines Anbieters basierende Lagerverwaltungssystem (LVR) durch ein SAP-EWM-MFS-System abzulösen, da sich dieses nahtlos in die SAP-Landschaft des Unternehmens einfügen ließ. Außerdem bestand bei der bisherigen Lösung das Risiko der Abkündigung. Das Behälterlager sollte so für die Zukunft gesichert und die Steuerungssoftware nahtlos in die Konzernstruktur integriert werden. Nach Abschluss dieses Projektabschnitts steht als nächster Schritt die Modernisierung der Siemens Steuerungen der Anlage bevor.

In dem Werk werden jährlich mehrere tausend Fahrzeuge für den internationalen Markt produziert. Die Anforderung an Lagerhaltung und Materialfluss sind dementsprechend hoch und komplex. Millionen von Kleinteilen müssen im Zentrallager eingelagert, kommissioniert und den Montagelinien und Arbeitsplätzen zugeführt werden.

Die Lückenverwaltung im zentralen Behälterlager erfolgt über SAP EWM

Im zentralen Behälterlager für Kleinteile gibt es zwei Aufgabestellen, von denen die Behälter zusammen mit den Rückläufern von den Kommissionierplätzen zu den drei Regalbediengeräten (RBG) transportiert werden. Jedes RBG kann entweder zwei große oder vier kleine Behälter gleichzeitig aufnehmen und bis zu vier Behälter tief einlagern. Zusätzlich zur Teleskopgabel verfügen die RBG über eine Gruppierstation, die es ermöglicht, einzelne Behälter, die weiter hinten im Fach stehen, zu entnehmen und die restlichen Behälter unter Berücksichtigung der Lücken wieder ins Fach zu stellen. Die Verwaltung dieser Lücken erfolgt in SAP EWM, wobei die neue Kopplungssoftware die RBG entsprechend steuert, wenn Behälter in diese Lücken eingelagert werden. Ausgelagerte Behälter gelangen über einen Kommissionierkreisel zu drei Kommissionierplätzen. Dort erfolgt die manuelle Kommissionierung der Ware, und die Behälter werden anschließend wieder eingelagert. Dank des Kommissionierkreisels kann SAP EWM Behälter, die für mehrere Aufträge benötigt werden, direkt erneut einem Kommissionierplatz zuführen und somit Zeit sparen.

Die bisherige LVS-Software war zwar intelligent aufgebaut, aber proprietär, sodass Anpassungen oder Aktualisierungen nicht möglich waren. Zudem fehlte eine umfassende technische Dokumentation, was zukünftig zum Beispiel bei Personalwechseln nicht nur die Bedienung erschwert hätte, sondern auch den Technologie-Transfer zur Herausforderung machte. Die zuvor bestehende Anlagenvisualisierung konnte aufgrund ihrer Integration in das alte Lagerverwaltungssystem nicht mehr genutzt werden.

Steuerung von Fördertechnik und Regalbediengeräten im Behälterlager über SAP EWM MFS

Für die weitere Standardisierung im Unternehmen sollte die Steuerung der Fördertechnik und Regalbediengeräte im Behälterlager auf SAP EWM MFS umgestellt werden. Dazu war es erforderlich, die nicht mehr benötigte Software für die Kommunikation mit dem alten LVR aus den SPSen zu entfernen und eine neue Kopplungssoftware zu integrieren.

Bei solchen Brownfield-Projekten fehlt oft eine vollständige und korrekte Dokumentation der Steuerungssoftware und Kommunikationsschnittstellen. Obwohl für diese Anlage einige Dokumentation vorhanden war, genügte sie nicht, um gemeinsam mit dem Team SAP eine zuverlässige, neue Schnittstelle zu SAP EWM MFS zu definieren. Um die Lücken in den Dokumentationen bezüglich der Steuerungsprozesse, technischen Schnittstellen, zeitlichen Abläufe und Fehlerbehandlungen zu füllen, wurden vor Ort Monitor-Switches an wichtigen Kommunikationsknotenpunkten installiert. Mit dem Monitoring-Tool „Wireshark“ wurde der Datenverkehr in Echtzeit aufgezeichnet.

Das Team von A+K arbeitete zusammen mit den Kollegen von Heitec an einem kompletten Reengineering der Steuerungssoftware der Fördertechnik und der RBG-Steuerungen. Parallel dazu analysierten die Kommunikationsexperten von A+K die aufgezeichneten Telegramme zwischen allen Steuerungen und dem bestehenden LVS. Das Ziel bestand darin, eine vollständige Bestandsaufnahme des Ist-Zustandes zu erreichen – eine der größten Herausforderungen bei der Modernisierung von Anlagen. Kurz gesagt: Das gesamte Lager mit allen Steuerungen und dem Datenaustausch sollte umfassend erfasst und dokumentiert werden, um die Anlage transparent zu machen.

SAP EWM MFS nahtlos einbinden

Die nächste Herausforderung bestand darin, das neue SAP EWM MFS nahtlos in die Anlage einzubinden. Dafür erarbeiteten die Experten von SAP und A+K eine neue Schnittstelle zwischen den Steuerungen und SAP EWM. Die Telegramme basierten zwar auf einem vorgegebenen Schema von SAP EWM, mussten aber speziell auf die individuelle Anlage mit ihren Dialogpunkten und Steuerungsprozessen angepasst werden. Die neuen Telegrammabläufe deckten alle möglichen Förderbewegungen ab: Vom Wareneingang ins Behälterlager, vom Behälterlager zu den Kommissionierplätzen, von den Kommissionierplätzen zurück ins Behälterlager oder zum Warenausgang. Auch Fehlerfälle wie volle Fächer beim Einlagern, leere Fächer beim Auslagern oder der Ausfall eines RBG wurden berücksichtigt.

A+K setzte seinen bewährten SAP-EWM-Koppler ein, um das SAP EWM mit den bestehenden Steuerungen zu verbinden. Dieser Koppler wurde ursprünglich 2006 für das weltweit erste SAP-EWM-Lager in reinem SPS-Code entwickelt und im Laufe der Jahre mit jeder weiteren Lagermodernisierung perfektioniert. Dank des Einsatzes dieses bewährten SAP-EWM-MFS-Kopplers wurden alle Entwicklungsziele erreicht. Die Programmänderungen in den Steuerungen wurden so durchgeführt, dass schnelle Anpassungen möglich waren, aber unnötige Eingriffe in die bestehende Software vermieden wurden. Der A+K-SAP-EWM-Koppler enthält einen Logger, der alle Vorgänge innerhalb der Anlage und den gesamten Datenverkehr zwischen den beteiligten Steuerungen und SAP EWM protokolliert. Dadurch wird ein Logbuch erzeugt, das alle Vorgänge in der Anlage der letzten 14 Tage dokumentiert. Das Logbuch kann direkt in MS Excel ausgewertet werden.

Vier Tage für die vollständigen Tests

Für die vollständigen Tests der Steuerungen und SAP EWM an der realen Anlage standen lediglich vier Tage zur Verfügung. Um dies problemlos zu ermöglichen, wurden die Steuerungssoftware und das SAP-EWM-Programm vorab gründlich getestet. Dazu wurden die verschiedenen involvierten Zentren, einschließlich des SAP-Serverstandorts in der Unternehmenszentrale des Kunden, seiner Produktionsstätte und von Heitec in Erlangen, für die vorgesehene Simulation „Site-to-Site“ direkt miteinander verbunden. Im Büro der Heitec AG Erlangen wurden dann baugleiche Steuerungen für Fördertechnik und Regalbediengeräte aufgebaut. An diese Steuerungen wurde ein von Heitec entwickelter Digitaler Zwilling nach dem Prinzip „Hardware in the Loop“ angebunden. Dieser Digitale Zwilling simulierte die reale Anlage inklusive aller Elemente wie Motoren, Sensoren, Schalter usw. sowie deren zeitliches Verhalten. Auf dieser Grundlage wurden die fertige Steuerungssoftware für die Fördertechnik und die Regalbediengeräte sowie das SAP-EWM-Testsystem im Büro von Heitec in Erlangen und dem SAP-EWM-Testsystem in der Zentrale getestet.

Dank dieses Vorgehens konnten die eigentlichen Inbetriebnahme-Tests an der realen Anlage in kürzester Zeit und höchst zuverlässig durchgeführt werden. Die neue Visualisierung wurde vor Ort begleitend zu den umfassenden Tests überprüft und basierend auf Kundenwünschen optimiert. Alle Teams der SAP- und SPS-Units arbeiteten eng und effizient zusammen. Die eigentliche Testphase dauerte lediglich zweieinhalb Tage, und für die Installation konnte eine Woche Betriebsurlaub über Feiertage genutzt werden, wodurch der Produktionsfluss nicht beeinträchtigt wurde. Innerhalb einer Woche wurden die Tests erfolgreich abgeschlossen. Dieser optimale Ablauf wurde durch den kontinuierlichen Austausch und die enge, partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Dienstleistern und dem Kunden erreicht.

Fazit

Das Werk des Kunden profitiert nun von einer vereinfachten, optimierten und übersichtlichen Lagersteuerung, die in die SAP-Unternehmens-Software eingebunden ist und von einem zentralen Zugriffspunkt aus bedient werden kann. Alle Abläufe können geordnet und umfänglich protokolliert werden, was jederzeit Nachvollziehbarkeit ermöglicht. Die Daten können bequem sortiert, gefiltert und ausgewertet werden. Die Fördertechnik ist nun vollständig dokumentiert und bereit für zukünftige SAP-Anpassungen und Aktualisierungen. Statt einer proprietären Struktur mit dem Risiko der Abkündigung steht dem Kunden jetzt das gesamte SAP-Ecosystem offen.

Eine Information von Artschwager & Kohl und Heitec

Im Werk werden jährlich mehrere tausend Fahrzeuge für den internationalen Markt produziert. Millionen von Kleinteilen müssen eingelagert, kommissioniert und den Montagelinien und Arbeitsplätzen zugeführt werden.

Oliver Matipa

Heitec AG
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· Artikel im Heft ·

Modernes Lagermanagement mit SAP
Seite 34 bis 37
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