Störungsfrei durchs Lager

3D-Kollisionswarnung und Ladungserkennung für die mobile Intralogistik

Kollisionsvermeidung an FTS und mobilen Plattformen sowie die Rückraum-Überwachung an Stapler- oder Schwerlastfahrzeugen sind nur zwei von vielen Aufgabenstellungen in der mobilen Intralogistik, die mithilfe von 3D-Sensoren ermöglicht werden können. Besonders herausfordernde Applikationen – wie etwa die automatische Erkennung von Ladungen oder Ladungsträgern durch Fahrerlose Transportfahrzeuge – benötigen individuelle Lösungsansätze.

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Die vierte industrielle Revolution – Industrie 4.0 – und mit ihr die zunehmende Digitalisierung von Prozessen ist auch in der Intralogistik in vollem Gange. Fahrerlose Transportfahrzeuge und -systeme sowie mobile Roboter spielen bei dieser Entwicklung hin zu sich selbststeuernden Materialflüssen eine immer wichtigere Rolle. Flexibilität, Sicherheit, Verfügbarkeit und Produktivität sind die wesentlichen Bestimmungsfaktoren für einen effizienten Einsatz. Daher gilt es, mögliche Störungen beim Einsatz der Fahrzeuge frühzeitig zu erkennen und über die Fahrzeugsteuerung angemessen darauf zu reagieren.

Drohende Gefahren lauern oft auch in der dritten Dimension

Aus Sicht der Maschinen- und der Personensicherheit geschieht dies überwiegend durch berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen wie beispielsweise sicherheitsgerichtete 2D-Laserscanner. Diese überwachen die Fahrwege und Bewegungsflächen der Fahrzeuge und stehen in unterschiedlichen Bauformen, Reichweiten und Funktionalitäten für nahezu jedes Fahrzeugkonzept und Einsatzumfeld zur Verfügung. In vielen Fällen besitzen sie Lokalisierungs- und navigationsunterstützende Funktionen, so dass sie erkannte Hindernisse eigenständig umfahren oder sogar auf alternative Wegstrecken ausweichen können.

Für die zertifizierte Sicherheit von FTS und Co. in 2D ist also gesorgt. Doch für einen effizienten Fahrzeug- und Anlagenbetrieb darf die dritte Dimension nicht außer Acht gelassen werden – denn nicht alle Kollisionsgefahren lauern bodengebunden. Paletten oder Palettenladungen können in unterschiedlicher Höhe in einen Fahrweg hineinragen, wie auch das angehobene Lastaufnahmemittel eines Gabelstaplers. Ein Kranhaken pendelt auf Fahrzeug- oder Ladungshöhe über dem vorausliegenden Streckenabschnitt. Eine Kranlaufkatze lässt eine schwebende Last von oben herab. Sperrige oder längere Teile drehen sich beim Handling unbeabsichtigt in den Fahrzeugparcours. All dies kann zu Kollisionen und damit zu Schäden am Fahrzeug oder am Ladungsgut führen, die einen reibungslosen Betrieb der mobilen Intralogistik oder von zu versorgenden Produktionsprozessen schwer beeinträchtigen können. Die 3D-Vision-Sensoren der Produktfamilie „Visionary-T“ der Sick AG sind in der Lage, hochautomatisierte Fahrzeuge vor solchen Kollisionsgefahren zuverlässig zu warnen. An bemannten Stapler- und Schwerlastfahrzeugen mit vom Fahrersitz aus schwer oder nicht einsehbaren Bereichen bewähren sie sich als hilfreiche Toter-Winkel-Warner.

Konfigurierbarer 3D-Detektions-sensor mit Auswertung

Der „Visionary-T DT“ ist ein 3D-Vison-Sensor im industriegerechten IP67-Gehäuse und integrationsfreundlichen One-Box-Design. Der Sensor bietet einen soliden Arbeitsabstand und nutzt das Detektionsprinzip der 3D-ToF-Lichtlaufzeitmessung-Technologie (Time of Flight). Hierzu sendet der Sensor Lichtsignale in Richtung des Messobjektes – also in Fahrtrichtung des Fahrzeuges. Objekte im Blickfeld des Sensors reflektieren das Licht – die Auswertung im Sensor berechnet für jeden empfangenen Bildpunkt über die Phasenverschiebung die Distanz zwischen dem erkannten Objekt und dem Vision-Sensor. Die Tiefeninformationen der vielen Tausend einzeln erfassten Pixel werden in einer einzigen Aufnahme zu einem dreidimensionalen Echtzeit-Abstandsbild des gesamten Bildbereichs – einem 3D-Snapshot – zusammengesetzt. Jeder Snapshot enthält dabei mehr als 25.000 Abstandswerte. Pro Sekunde nimmt der „Visionary-T DT“ auf diese Weise bis zu 50 Bilder in 3D auf – und kann so mögliche Gefahren beispielsweise für ein FTS in kürzest möglicher Zeit erkennen. Die 3D-Daten werden dabei ohne externe Computerunterstützung und Belastung der Fahrzeugkommunikation direkt im Sensor verarbeitet. Die Auswertung der „Visionary-T DT“ kann bei Bedarf direkt Sensorantworten generieren und über seine digitalen Ausgänge oder das ethernetbasierte Dateninterface Aktionen einleiten, zum Beispiel Alarme und Warnmeldungen auslösen, die Geschwindigkeit automatisch reduzieren oder das Fahrzeug vor dem Hindernis stoppen. Je nach Situation kann über diskrete Eingänge zwischen mehreren Sensorkonfigurationen gewechselt werden. Zusätzlich liefern die 3D-Messdaten des Sensors wichtige Tiefeninformationen, um beispielsweise die FTS-Steuerung bei der Navigation zu unterstützen – sei es als Rohdaten, applikationsspezifisch vorverarbeitet oder als fertig ausgewertete Messwerte.

Programmierbarkeit erweitert individuelle Freiheitsgrade

Bereits der „Visionary-T DT“ bietet durch seine mehr als 30 unterschiedlichen, integrierten Applikationskonfigurationen ein hohes Maß an Flexibilität für eine Vielzahl von Einsatz-szenarien. Für noch individuellere oder gar erstmals zu realisierende Aufgabenstellungen steht mit dem „Visionary-T AP“ die programmierbare Variante des 3D-Vision-Sensors zur Verfügung. Er ist Teil des Eco-Systems „Sick Appspace“, mit dem Sick-Sensoren unterschiedlichster physikalischer Wirkprinzipien und Technologien softwareseitig für externe Anwender und Integratoren geöffnet und programmierbar gemacht hat. So können sie die Funktionalitäten der „Visionary-T AP“ durch die Entwicklung eigener Apps oder die Integration passender, auf der App-Pool-Plattform verfügbarer Apps, speziell auf ihre Anwendungen und Randbedingungen zuschneiden. Die ersten FTS-Aufgabenstellungen, die durch die Programmierung von sogenannten Key Apps mit dem „Visionary-T AP“ von Sick umgesetzt werden, sind die Palettendetektion und die Erfassung der Ecken von Rollwagen. Die gemessenen XYZ-Koordinaten des programmierbaren 3D-Vision-Sensors ermöglichen es beispielsweise, automatischen Hubwagen, eine leere oder auch eine beladene Palette eigenständig mit der Gabel zu unterfahren und anzuheben. Denkbar ist sogar eine Konturprüfung der Last auf Überstände oder auch Überhöhe, um so einen sicheren Transport und eine reibungslose Übergabe oder Einlagerung zu gewährleisten. Eine ähnlich gelagerte Applikation, in der mobile Kleinplattformen durch Kenntnis der Ecken von Transportrollwagen diese selbstständig unterfahren und anheben können, ist bereits in der Praxiserprobung. Für diese beiden Anwendungen bietet Sick seinen Kunden fertige Key Apps als komplette Softwarelösung an. Für die Zukunft wird es weitere Key Apps für verschiedenste Applikationen geben – sei es basierend auf den aktuellen „Visionary-T“-Varianten oder für hochauflösende „Visionary-T“-Sensoren der Produktlinie Pro.

Kollisionsfreier Betrieb von FTS

Kollisionswarnung, Navigationsunterstützung, Erkennung von Ladungsträgern – die 3D-Vision-Sensoren der Produktfamilie „Visionary-T“ liefern rund um die Uhr zuverlässige 3D-Messdaten. Diese wichtigen Umfeldinformationen ermöglichen einen kollisionsfreien, flexiblen, hochverfügbaren und effizienten Betrieb von FTS und anderen Fahrzeugen im Innenbereich intralogistischer Anlagen.

Autor: M. Dold, A. Sherman

Redaktion (allg.)

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Störungsfrei durchs Lager 1.5 MB

· Artikel im Heft ·

Störungsfrei durchs Lager
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