Ganz entspannt gespannt
Eigentlich sollte es eine „ganz normale“ Energiekette werden, die die Firma Bang bei Igus angefragt hatte. Für die ZSB Zwickauer Sonderstahlbau GmbH hatten die Bang-Ingenieure zwei identische Krane für das Blechtafel-Handling projektiert. Die 22,5 Meter Brücken mit je zwei 12,5 Tonnen Hubwerken sollten dabei mit Komponenten-Kits (Antriebe, Seilzug, Energieführung) eines deutschen Herstellers ausgerüstet werden.
Aus Sicht von Bang sind solche Standardkrane für Handling-Aufgaben ein eher ungewöhnliches Projekt. Bei den meisten Bang-Kranen handelt es sich um Prozesskrane, die kunden- und anwendungsspezifisch konstruiert und mit sehr hoher Fertigungstiefe gebaut werden. Damit wird die Voraussetzung dafür geschaffen, dass die Krane über viele Jahre auch unter Extrembedingungen ihre hebetechnischen Aufgaben erfüllen – zuverlässig, präzise und sicher. Auch bei den Lastaufnahmemitteln handelt es sich oft um komplexe Spezialanfertigungen.
Energieführung zum Elektromagneten
Bei einem der beiden Krane konnten allerdings nicht die zum Standardpaket gehörenden Energieführungen verwendet werden. Florian Pletz, Leiter Service und Aftersales und Projektverantwortlicher für Standardkrane bei Bang: „Dieser Kran kann bei Bedarf statt des Hakens auch einen Elektromagneten nutzen. Deshalb ist hier eine stärkere Stromversorgung bis zum Lastaufnahmemittel erforderlich und somit auch eine größere Energiekette.“
Eben diese hatte Bang bei Igus angefragt. Genau zu der Zeit führte der Igus Branchenmanager für Krane, Theo Diehl, ein Gespräch mit Bang und erwähnte eine Neuentwicklung: die „Autogilde 5“-Energiekette. Nur zwei Tage später kam eine Änderung der Anfrage von Bang mit dem Inhalt: „Bitte ‚Autoglide 5‘ anbieten – wir brauchen jeden Zentimeter Platz.“
Kunst des Weglassens:Rinne ersetzt Seil
Genau für solche Anwendungen hat Igus die „Autoglide 5“ entwickelt. Den Startpunkt der Entwicklung beschreibt Theo Diehl: „Wir haben uns gefragt: Was können wir weglassen? Die Leitungen nicht, die Kette auch nicht – wohl aber die Rinne.“ Ersetzt wird die Rinne durch ein Seil, das auf der Unterkonstruktion verspannt ist. Das Seil greift in zusätzliche Führungselemente an der Kette ein, so wird die Kette zuverlässig geführt.
Das Ergebnis: ein neuartiges Führungssystem, das kaum Platz wegnimmt und exakt das benötigte Bang. Florian Pletz: „Auf dem Obergurt müssen wir zum Beispiel einen Sicherheitsabstand zur fahrenden Katze einhalten und Quetschkanten vermeiden.“ Genau das gelingt mit der „Autogilde 5“, die damit bestens in ein Konstruktionsprinzip von Igus passt. Theo Diehl: „Unser Ziel ist immer, dass der Kran den Bauraum vorgibt und die Kette innerhalb der Struktur des Krans bleibt.“
Entwickelt wurde die „Autoglide 5“ für Hallenkrane und Regalbediengeräte, bei Verfahrwegen bis zu 80 Metern. Der Anwender dieses Systems spart Platz, Montagezeit und Kosten. Deshalb stieß die neue Energieführung nicht nur bei Bang sofort auf Interesse, sondern auch bei Anwendern, die nach einer verschleißarmen Alternative zur Stromschiene suchen.
Sonderlösung für zwei gegenläufige Ketten
Die „Autoglide 5“-Energiekette auf dem Kran ist gut befüllt. Allein für die Hauptstromversorgung der Katze werden fünf Einzeladern mit einem Querschnitt von vier Quadratmillimetern benötigt. Um die „Autoglide 5“ für dieses Projekt nutzen zu können, musste Igus jedoch eine Sonderlösung realisieren. Igus-Verkaufsberater Denny Woogk: „Bei der „Autoglide 5“ ist eine Endeinspeisung Standard. Da hier aber zwei separat verfahrbare Katzen mit Strom und Signalen versorgt werden müssen, brauchten wir zwei gegenläufige Ketten mit einer gemeinsamen Führung.“
Gelöst wurde diese kleine Herausforderung mit einer individuellen Festpunktbrücke, die Igus im 3D-Druck gefertigt hat – die erste „Autoglide 5“ mit gegenläufiger Einspeisung. Das zeigt: In der Projektarbeit ist Igus ebenso flexibel und auf Sonderwünsche eingestellt wie Bang.
Flexible Standardkrane, innovative Energiezuführung
Inzwischen sind die beiden Krane im Neubau der ZSB Zwickauer Sonderstahlbau GmbH installiert. Peter Knösel, Leiter Projektmanagement und Vertrieb: „Wir sind sowohl mit den Kranen als auch mit dem Projektablauf sehr zufrieden, und die neue rinnenlose Energiekette bewährt sich auch bestens.“ (jak)
Die ZSB – Zwickauer Sonderstahlbau GmbH wurde am 01.12.2004 durch Ausgliederung aus der ZM – Zwickauer Maschinen- und Anlagenbau GmbH gegründet. Seit dem hat sich die Belegschaft von 24 auf nunmehr 155 Mitarbeiter vergrößert, darunter sechs Auszubildende. Des Weiteren sind bei ZSB durchschnittlich 20 Leiharbeitskräfte im Einsatz.
Jan Kaulfuhs-Berger
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