Umfassende Sicherheit

Ganzheitliche Konzepte auf Basis der ISO 3691-4 und neuen Maschinenverordnung

Effiziente Abläufe in Produktion und Logistik sind das Ziel: Es gilt, Mensch und Maschine vor Kollision zu schützen sowie Stillstandzeiten zu vermeiden. Diese Aufgabe wird umso komplexer, wenn es sich um frei navigierende Förderzeuge handelt. Seit Juni 2023 nun liegt die aktualisierte Fassung der internationalen Norm ISO 3691-4 für Fahrerlose Transportsysteme vor. Hersteller und Betreiber mobiler Plattformen müssen diese an den Stand der Technik angepasste Norm berücksichtigen und die neuen Anforderungen für ihre mobilen Plattformen nun umsetzen.

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Im ersten Schritt unterstützen die Experten von Pilz bei der Risikobeurteilung und führen bei Bedarf beim Hersteller eine Werksabnahme des FTF durch. Bild: Flying Colours Ltd
Im ersten Schritt unterstützen die Experten von Pilz bei der Risikobeurteilung und führen bei Bedarf beim Hersteller eine Werksabnahme des FTF durch. Bild: Flying Colours Ltd

Die ISO 3691-4, „Flurförderzeuge – Sicherheitstechnische Anforderungen und Verifizierung – Teil 4: Fahrerlose Flurförderzeuge und ihre Systeme“ ist die wichtigste internationale Norm für Fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF) und -systeme (FTS). Veröffentlicht 2020, gilt sie für Hersteller sowie Betreiber. Sie definiert unter anderem die Anforderungen (Performance Levels) an die Sicherheitsfunktionen von FTF und FTS, wie die Einrichtungen für die Personenerkennung, Betriebsarten und Bremssystem. Darüber hinaus beschreibt sie das Vorgehen zur Risikominderung und Validierung der automatisierten Funktionen, um einen störungsfreien und sicheren Betrieb mobiler Plattformen in ihrer endgültigen Betriebsumgebung zu gewährleisten. Als C-Norm (für spezielle Maschinen oder Maschinengruppen) spielt auch die EN 1175 eine Rolle: Sie hat die Sicherheit von Flurförderzeugen mit Blick auf deren elektrische bzw. elektronische Anforderungen im Blick.

Normative Anforderung: Gefährdungen ausschließen

Nach der Norm für Flurförderzeuge müssen Gefährdungen möglichst ausgeschlossen sein, die Verwendung des FTF muss „bestimmungsgemäß“ sein. Zu den signifikanten Anforderungen, die ein Transportsystem erfüllen muss, gehören neben zum Beispiel der elektrischen Sicherheit und der Sicherheit für sicherheitsrelevante Teile des Steuerungssystems auch das Thema Navigation und im Zusammenhang die Kollisionsvermeidung. Zudem beschreibt die aktuelle Version der ISO 3691-4 die geltenden Rahmenbedingungen, um eine höhere Geschwindigkeit des Transportsystems in den sogenannten eingeschränkten Bereichen zuzulassen. In diesem Fall werden eine detaillierte Analyse und Bewertung der Gefahren und die Umsetzung entsprechender zusätzlicher Maßnahmen erforderlich.

Maschinenverordnung für mobile Plattformen

In der EU wird zudem ab Januar 2027 die MVO (Verordnung (EU) 2023/1230) die Anforderungen an autonome mobile Maschinen und Geräte erweitern – genauer: zur „Überwachung mobiler Plattformen aus der Ferne“. Um aus der Ferne Steuerungsaufgaben an einer Maschine zu ermöglichen, müssen autonome mobile Maschinen über eine Überwachungsfunktion verfügen. Diese soll sicherstellen, dass auch von Remote ein sicherer Stopp und Start der mobilen Plattform möglich ist. Ohne diese Funktion darf die Maschine nicht betrieben werden. Daneben hat die MVO die mobile Plattform selbst im Blick: Beim Steuervorgang des FTF muss der Lenkvorgang – sowohl Richtung als auch Geschwindigkeit – eine Instabilität des Transportsystems und/oder der Ladung vermeiden. Auch ein Ausfall des Lenksystems darf keine Auswirkungen auf die Sicherheit haben.

Sicherheit für Teilnehmer und auch Flotte

Die Integration mobiler Plattformen in ihre Infrastruktur ist ebenfalls Thema der MVO: Um sicherzustellen, dass Gefahren durch den Einbau berücksichtigt und angemessen behandelt werden, sieht die MVO vor, dass eine Gesamtheit von Maschinen (verkettete Maschinen bzw. hier mobile Plattformen) wie eine Gesamtmaschine betrachtet werden und alle Anforderungen der MVO erfüllen muss. Praktisch betrachtet, sind die Maschinenmodule, sprich FTF, so funktional miteinander verknüpft, dass sich der Betrieb jedes Teilnehmers in der Flotte direkt auf den Betrieb eines anderen auswirkt. Darüber hinaus gibt es oft eine Verknüpfung mit anderen Maschinen, wie zum Beispiel Förderbändern. Das macht eine Risikobewertung für das gesamte mobile System erforderlich.

Oft werden mobile Plattformen zu bestehenden Maschinen beziehungsweise in eine bereits vorhandene Infrastruktur integriert. Inwieweit diese Integration dann als Neumaschine betrachten werden muss, ist eine gesetzliche Grauzone. Die MVO versucht, diese durch neue Details zu einer wesentlichen Veränderung zu klären. Ist die Sicherheit jedoch durch den Einbau erheblich beeinträchtigt, muss zwingend eine neue CE-Kennzeichnung des mobilen Systems durchgeführt werden.

FTS-Sicherheit aus einer Hand

Betreiber von Intralogistik-Anwendungen stehen vor der Aufgabe, die normativen und gesetzlichen Anforderungen mit ihrer individuellen Applikation unter Erreichung einer größtmöglichen Produktivität der Anwendung in Einklang zu bringen. Unterstützung finden sie etwa beim Anbieter sicherer Automatisierungslösungen Pilz, der die Sicherheit für die Intralogistik im Blick hat.

Aufbauend auf jahrelanger Erfahrung in der Industrie begleiten die Safety-Experten Anwender rund um die Sicherheit von FTS-Applikationen bis hin zur Internationalen Konformitätsbewertung.

Ein spezielles Dienstleistungsangebot für die Sicherheit mobiler Plattformen wie das von Pilz umfasst neben umfangreichen Beratungsleistungen für den sicheren Betrieb auch eine Konformitäts- und Abnahmeprüfung des FTS sowie auf Wunsch auch ein Schulungsangebot.

Im ersten Schritt unterstützen die Experten bei der Risikobeurteilung und führen bei Bedarf beim Hersteller eine Werksabnahme des FTF durch. Beim Anwender schließt sich die finale Risikobeurteilung des FTS unter Berücksichtigung der gesamten Umgebung der Anwendung vor Ort an. Bei der folgenden Sicherheitsvalidierung liegt der Fokus auf Installation und Integration von Sicherheitskomponenten für das FTF wie Scanner oder Encoder oder zum Beispiel die Absicherung der Umgebung des FTS durch weitere Schutzeinrichtungen.

Der Sicherheitsexperte Pilz zum Beispiel berät und begleitet bis hin zur Prüfung der Konformität mit den gesetzlichen Anforderungen wie etwa CE-Kennzeichnung für die gesamte Applikation.

Bedarfsgerechte Sicherheitslösungen

Für die Umsetzung der Bewegungs- und Bereichsabsicherung mobiler Maschinen ist der Einsatz von Laserscannern und Steuerungen zur Personen-/Hinderniserkennung sinnvoll. Anwender müssen dabei berücksichtigen, ob ihre FTF oder Flotte spurgebunden oder frei navigierend unterwegs ist. Einfache, spurgebundene FTF folgen auf ihrem Weg Markierungen. Sind Hindernisse auf der Spur, müssen FTF laut ISO 3691-4 entsprechend ihrer Geschwindigkeit definierte Warn- und Sicherheitszonen einhalten. Für die Überwachung der Zonen übernehmen Sicherheits-Laserscanner, wie etwa „PSENscan“ von Pilz, die Absicherung und leisten eine barrierefreie und produktivere Flächenüberwachung für den Kollisionsschutz. Frei navigierende mobile Plattformen können um Hindernisse oder Personen herumfahren, ohne zu stoppen. Die benötigten Sicherheitsfunktionen sind daher komplexer, gerade bei Kurvenfahrten. Auch hier unterstützen Sicherheits-Laserscanner, die die Umgebung permanent erfassen, damit sich die Navigation frei umsetzen lässt. Was aber, wenn Manipulationen an FTS wichtige Sicherheitsfunktionen außer Kraft setzen würden? Mit einem umfassenden Zugriffs- und Zugangsmanagement können Security-Vorfälle verhindert werden – auch zu diesem Thema stellt die neue MVO Anforderungen und sorgt damit für eine umfassende Sicherheit mobiler Anwendungen.

Eine Information der Pilz GmbH & Co. KG

Auf einen Blick

Services von Pilz rund um FTS
  • Vor der ersten Inbetriebnahme und später mindestens einmal jährlich muss eine Überprüfung des ordnungsgemäßen Zustandes und der sicheren Funktion der FTF inklusive aller Sicherheitseinrichtungen durchgeführt werden. Auch das übernimmt Pilz im Rahmen seines Komplettpakets.
  • Für den nachhaltigen Wissensaufbau können Anwender zudem Schulungen über den sicheren Betrieb einer FTS-Anwendung nutzen.
  • Neben den normativen Grundlagen zählen auch die verschiedenen Sicherheitseinrichtungen oder die technischen Funktionen eines FTS zu den Inhalten.
  • Die Pilz GmbH & Co. KG unterhält eine von DAkkS akkreditierte Inspektionsstelle gemäß ISO/IEC 17020.

Jürgen Bukowski

International Services Group, 
Pilz Irland

· Artikel im Heft ·

Umfassende Sicherheit
Seite 14 bis 15
04.06.2024
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