Chancen und Risiken
Vier Mal so hoch wie die direkten Instandhaltungskosten schätzen Experten der RWTH Aachen und des Fraunhofer IPT die Kosten für unterlassene oder fehlerhafte Instandhaltung in der Studie „Intelligent Maintenance – Potenziale zustandsorientierter Instandhaltung“. Die Studie belegt weiterhin, dass sich die Instandhaltungskosten durch eine konsequente, zustandsorientierte Instandhaltung durchschnittlich um etwa 23 Prozent reduzieren. „Diese Zahlen sind unserer Erfahrung nach 1:1 auf die Instandhaltung automatisierter logistischer Anlagen übertragbar“, erläutert Jürgen Dönges, Geschäftsführer der Telogs GmbH, Anbieter von Intralogistiksystemen und unterstützenden Services. Warum steht es so schlecht um die Instandhaltung der Logistikanlagen in Deutschland? „Zum einen fehlt oft noch das Bewusstsein, dass Instandhaltung nicht nur Kostenfaktor ist, sondern eben auch ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor“, weiß Dönges. In vielen Fällen sei es aber auch aufgrund der immer komplexeren Technologien im Lager und einer zunehmenden Flut von Gesetzen und Richtlinien kaum noch wirtschaftlich möglich, das notwendige Know-how im eigenen Unternehmen vorzuhalten. „Für viele Unternehmen, die nur vereinzelte Lagerstandorte betreiben, ist es auf Dauer zu teuer, die eigenen Mitarbeiter alle notwendigen Zertifizierungen erwerben zu lassen“, so Dönges. Auch die intervallorientierte Wartung der Anlage durch Mitarbeiter des Herstellers birgt häufig Nachteile: Anlagenteile von Fremdherstellern werden nicht mitgewartet, so dass jedes Mal Servicemitarbeiter mehrerer Firmen anreisen müssen. Die Wartung erfolgt in vielen Fällen rein intervallgesteuert. „Instandhaltung schützt aber nur dann optimal vor Störungen und Ausfällen, wenn für jede Anlage eine individuelle, zustandsorientierte Instandhaltungsplanung erfolgt“, betont Dönges.
Vorteile durch Auslagerung
Von der Auslagerung der Instandhaltung an einen spezialisierten Dienstleister können aus den genannten Gründen viele Unternehmen profitieren. Der Telogs-Leitfaden „Maximale Verfügbarkeit. Kalkulierbare Kosten“ stellt die Chancen und Risiken eines Outsourcings der Instandhaltung dar. Ein Fragebogen zur „Schnelldiagnose“ ermöglicht dem Leser außerdem, innerhalb weniger Minuten herauszufinden, ob für sein Unternehmen die Vergabe dieser Leistungen überhaupt sinnvoll ist. „Die Vorteile eines Complete Maintenance Service (CMS) – also einer kompletten Auslagerung von Wartung und Instandhaltung – liegen auf der Hand: Eine höhere Anlagenverfügbarkeit, die Senkung der Kosten sowie die Verringerung des Betriebsaufwands sind nur die wichtigsten Aspekte“, erläutert Dönges. Darüber hinaus steigert sich die Lieferqualität, die Kosten für die Instandhaltung werden planbar und transparent. Davon abgesehen werden die Prozesse durch einen zentralen Ansprechpartner für Lager-, Steuerungs- und Antriebstechnik deutlich schlanker. „Egal, welches Problem im Lager auftritt, der Kunde ruft immer ein und dieselbe Telefonnummer an. Er muss nicht Mitarbeiter verschiedener Firmen koordinieren und wird im Zweifelsfall nicht zum Spielball im Schwarzer-Peter-Spiel der Zuständigkeiten“, betont Jürgen Dönges. Erfahrungsgemäß wird außerdem auf Unternehmensseite häufig unterschätzt, wie viele Ressourcen tatsächlich in der Beschaffung und Lagerhaltung von Ersatzteilen gebunden sind. Auch diese Aufgaben übernimmt beim CMS vollständig der Dienstleister. Wie sich diese Vorteile in der Praxis auswirken, zeigt ein Überblick über den Telogs-Referenzkunden Rhenus Logistics Gießen am Ende des Leitfadens.
Risikominimierung und Handlungsempfehlungen
Auch die Risiken eines Outsourcings der Instandhaltung von automatisierten Logistikanlagen benennt der Leitfaden offen. „Im Grunde lassen sich die Risiken schnell auf einen Nenner bringen: Setzt ein Unternehmen auf einen mit Automatiklagern unerfahrenen Dienstleister mit unzureichend qualifiziertem Personal, hat es schon verloren“, stellt Dönges fest. Man sollte sich von den Anbietern in der engeren Auswahl vergleichbare Anlagen nennen lassen, die sie in der Vergangenheit erfolgreich betreut haben. Wichtig sei dabei auch die Aktualität der Referenzprojekte. Im Zweifelsfall seien auch die Weiterbildungszertifikate der Mitarbeiter, wie beispielsweise die Berechtigung zur Abnahme der UVV-Prüfung oder die Befähigung zur Höhenrettung, ein klares Indiz dafür, ob ein Dienstleister im Bereich Instandhaltung von logistischen Anlagen gut aufgestellt sei. „Viele Zertifikate müssen von den Mitarbeitern jährlich erneuert werden, diesen Aufwand betreiben nur Anbieter, die sich auf diese Aufgaben spezialisiert haben“, weiß Dönges.
Ein weiterer wichtiger Aspekt sind Erreichbarkeit und Reaktionszeiten des Dienstleisters. Der Anbieter sollte möglichst 24/7 erreichbar sein, mindestens jedoch die Betriebszeiten der Anlage großzügig abdecken. „Wichtig ist außerdem, dass die Hotline mit qualifizierten Mitarbeitern des Dienstleisters besetzt ist und nicht von einem Callcenter betreut wird, so dass Art und Schwere einer Störung sofort richtig eingeschätzt und alle notwendigen Maßnahmen für eine schnelle Störungsbeseitigung veranlasst werden“, empfiehlt der Instandhaltungsexperte. Im Hinblick auf die Reaktionszeiten ist es ratsam, gemeinsam mit dem Dienstleister zu überlegen, welcher Zeitrahmen sinnvoll und notwendig ist. „Sowohl Erreichbarkeit als auch die zu gewährleistenden Reaktionszeiten sollten explizit in die vertraglichen Vereinbarungen aufgenommen werden, um Missverständnissen und bösen Überraschungen im Ernstfall vorzubeugen“, erläutert Dönges.
Ablauf des Outsourcings
Für Entscheider, die bereits eine Auslagerung der Instandhaltung planen, bietet der Leitfaden außerdem einen Überblick über den Ablauf eines solchen Projekts. Unabhängig von der Komplexität der Aufgaben, die ausgelagert werden, läuft ein Outsourcing in der Regel in fünf Phasen ab. Am Anfang steht immer eine detaillierte Analyse der Ist-Situation. Dazu werden die individuellen Abläufe und Strukturen des betroffenen Lagers, die Größe der Anlage, die Betriebszeiten sowie die bisherigen Wartungszeiten durch die Instandhaltungsspezialisten erfasst und analysiert. Darüber hinaus werden alle mechanischen und elektromechanischen Systeme sowie die Informationsflüsse untersucht und dokumentiert. In der daran anschließenden zweiten Phase erstellen die Instandhaltungsexperten ein Konzept, das den gemeinsam mit dem Anlagenbetreiber definierten Soll-Zustand der Anlage abbildet und daraus neue, optimierte Prozesse ableitet. „Wichtige Bestandteile des Instandhaltungskonzepts sind ein Einsatzplan inklusive Personalplanung sowie konkrete Planungen zum Ersatzteilmanagement“, betont Dönges. „Diese Informationen dürfen auf keinen Fall fehlen.“ Nach der Abstimmung des Konzepts geht es in die dritte Phase – die Planung der notwendigen Maßnahmen im Hinblick auf Inspektionen, Wartung, Reparatur, DGUV-Prüfungen und Ersatzteilbeschaffung für alle Anlagenbestandteile. Darüber hinaus erfolgt im Rahmen der Instandhaltungsplanung auch die Definition eines Qualitätsmanagements. Erst im nächsten Schritt erfolgt die eigentliche Übergabe der Instandhaltungsaufgaben an den spezialisierten Dienstleister. Abhängig von den getroffenen Vereinbarungen übernimmt er die bestehende Werkstatt des Unternehmens oder errichtet vor Ort eine neue Instandhaltungszentrale. In einigen Fällen übernimmt der Dienstleister außerdem das vorhandene Personal und ergänzt es gegebenenfalls durch eigene Fachkräfte. Nach der Übernahme der Instandhaltungsaufgaben werden die Prozesse in der fünften Phase kontinuierlich optimiert und bei Bedarf an veränderte Anforderungen angepasst. Im Verlauf dieser langfristigen Zusammenarbeit ist ein regelmäßiger Austausch zwischen Dienstleister und Anlagenbetreiber wichtig: „Nur so erreicht man dauerhaft Zufriedenheit auf beiden Seiten“, so Dönges. (ck)
Christina Kasper


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Chancen und Risiken | 1.53 MB |
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