Bleibt alles anders – und läuft trotzdem: So flexibel kann Automation sein

Wann man ein Produkt von Franz Veit in der Hand hält, hat man natürlich selbst in der Hand – aber feststeht: Mit den Kassenzetteln, Pfandbons, Luftschlangen, Lottorollen und Co. des europaweit führenden Produzenten dürfte schon ziemlich jeder und jede irgendwann einmal in Berührung gekommen sein. Umso erstaunlicher, dass all diese (und rund 4.000 weitere Erzeugnisse) an ein und demselben Standort produziert werden.
Hirschaid bei Bamberg: Seit 2006 laufen die Produktionsmaschinen hier von Montag bis Freitag praktisch rund um die Uhr. „Obwohl wir auf unserem neuen Gelände mit 36.000 Quadratmetern platztechnisch nicht gekleckert haben, bleibt so gut wie keine Ecke ungenutzt“, erklärt Prokurist Daniel Werner. „Wir verarbeiten jeden Tag rund 200 Tonnen Rohpapier in unterschiedlichste Produkte, die dann schnellstmöglich in den Versand gehen.“ Dazwischen steht bei Franz Veit eine chaotisch organisierte Intralogistik, die das Unternehmen wertschöpfender gestalten und daher Teilschritte automatisieren wollte.
Hoher Durchsatz – und ein Nadelöhr
Übermannshohe Materialrollen vor riesigen Produktionsmaschinen, fertig gepackte Paletten und Kartons, dazwischen Packroboter und weitere Produktionsgerätschaften… auf den ersten Blick nicht gerade eine „Traumumgebung“ für automatisierte Transportprozesse . „Aber genau darum ging’s uns eben“, betont Daniel Werner – und meint damit den Weg von der Produktionsentsorgung bis zur Versorgung der Stretchmaschine im Hallenteil nebenan. Diese Distanz musste lange Zeit händisch per Stapler bewältigt werden. Gerade in der Frühschicht sei dabei einiges an Arbeitszeit wortwörtlich auf der Strecke geblieben: „Unsere Leute mussten morgens erstmal die Fertigung der letzten beiden Schichten aus der Produktion entsorgen. Alles in allem waren damit sechs Personen rund zwei Stunden eingespannt.“
Heute hier, morgen dort
Situation: unbefriedigend. Wunsch: Automation. Die Ausgangslage bei Franz Veit ist schnell beschrieben. Umso länger dauerte die Suche nach der passenden Lösung. Daniel Werner: „Wir haben zwar immer wiederkehrende Transportprozesse – aber auch eine sich immer wieder ändernde Produktions- und Lagerumgebung.“ Ein mögliches Automationskonzept musste also mit diesem hohen Maß an Flexibilität und „geordnetem Chaos“ Schritt halten können. FTS-Systeme, die Spiegel, Führungsschienen und Co. benötigten, schieden daher von vornherein aus. „Unsere Wunschlösung sollte quasi wie ein Staubsaugerroboter funktionieren. Man packt das Gerät in den Raum und dieses orientiert sich selbstständig – auch wenn man mal ein Möbelstück umstellt“, erläutert Werner. „Da konnte uns leider niemand weiterhelfen – bis wir uns mit Ernst Müller Fördertechnik an einen Tisch gesetzt haben.“
Linde Material Handling hat die Lösung
Die Idee des Linde-MH-Netzwerkpartners rund um die Implementierung von zwei autonomen Linde L-MATIC Hochhubwagen stieß bei den Verantwortlichen spontan auf Gegenliebe – zumal sich bisher scheinbar unüberwindbare Hürden quasi in Luft auflösten: So orientieren sich die Linde-Geräte dank Konturnavigation (SLAM) selbstständig im Raum und benötigen dafür nur wenige Referenzpunkte, die sich in einem digitalen Mapping unkompliziert anpassen lassen. Hinzu kam der Vorteil, dass die Linde L-MATIC Geräte ohne Podestlösung agieren und die Paletten direkt vom Boden aufnehmen können. Starke Argumente also, die die Verantwortlichen von Franz Veit dazu bewogen, gemeinsam mit Ernst Müller die Umsetzung anzupacken.
Ein eingespieltes Team
Mittlerweile verrichten die Linde L-MATIC in Hirschaid ihren Dienst, als würden sie schon immer dazugehören. Ein Gerät ist dabei ausschließlich für die Produktionsentsorgung zuständig. Der Maschinenführer stellt die Palette mit fertiger Ware auf einen definierten Abholplatz und „ruft“ per Knopfdruck das automatisierte Gerät. Dieses transportiert die Paletten an allen Hindernissen vorbei in den Hallentrakt nebenan auf die zur Stretchmaschine gehörende Rollenbahn. Ist die Ware foliert, übernimmt der zweite Linde L-MATIC – und bringt die Palette zum wenige Meter entfernten Übergabepunkt. Von dort befördern die „menschlichen Teammitglieder“ die Ware in den zum Auftrag gehörigen Quadranten. Ein perfektes Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine also, zumal die Linde L-MATIC selbstständig erkennen, welche Plätze am Übergabepunkt gerade frei sind. Interessantes Detail: Um Mitternacht tauschen die beiden Fahrzeuge – die ihre Li-ION-Akkus übrigens selbsttätig aufladen – ihre Jobs. Daniel Werner: „Da die Arbeitsstrecken der Geräte sehr unterschiedlich ausfallen, sorgen wir so für eine gleichmäßige Belastung.“
Erwartungen: übertroffen
Beobachtet man das unermüdlich arbeitende L-MATIC Duo bei Franz Veit, drängt sich spontan der Eindruck auf: Die beiden bringt so schnell nichts aus der Ruhe. Das kann Daniel Werner nur bestätigen: „Die Geräte laufen seit November 2021. Und obwohl sich unsere Umgebung hier zwischenzeitlich schon zigmal verändert hat, zeigten sich die Linde L-MATIC davon nie groß beeindruckt und fanden ihre Wege störungsfrei.“ Was jedoch in der Tat beeindruckt, ist die Leistungsbilanz. Aktuell wird die garantierte Performance um knapp 50 Prozent übertroffen. „Der gegenwärtige Rekord der Produktionsentsorgung liegt bei 298 Paletten in 24 Stunden“, freut sich Daniel Werner. Kein Wunder, dass die Papierprofis bereits überlegen, die Automation auf weitere Prozessschritte auszudehnen – etwa, indem man die Produktionsmaschinen in die Lage versetzt, die Linde L-MATIC selbstständig zu rufen. „Wir wollen hier konstruktiv weiterdenken; das liegt auch daran, dass die Automation innerhalb der Belegschaft eine hohe Akzeptanz genießt. Unsere Leute wissen: Die Geräte nehmen ihnen nicht die Arbeit weg, sondern verschaffen ihnen Luft, sich auf wichtigere Tätigkeiten zu konzentrieren“, betont Daniel Werner – und ergänzt: „Ich würde sagen, mit dieser Rollenverteilung kann man sehr gut leben.“
Linde Automation erfüllt höchste Flexibilitätsanforderungen
Quelle: Linde Material Handling
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