„Perfekter Spagat“
Technische Logistik: Herr Eiten, einige Ihrer Wettbewerber klagen über rückläufige Marktzahlen in 2019. Wie beurteilen Sie bei Clark die aktuelle Marktlage – bezogen auf Ihre globalen Aktivitäten und insbesondere hinsichtlich Ihrer Aktivitäten in der EMEA-Region?
Rolf Eiten: Im Vergleich zum Vorjahr erkennen auch wir in 2019 eine rückläufige Marktentwicklung, so dass in der Tat die Situation im Moment etwas angespannt ist. Weltweit ist der größte Absatzmarkt immer noch der Verbrennermarkt. Hier zeichnet sich aber eine regressive Entwicklung ab. Schaut man sich den Gesamtmarkt an, so ist auch dieser kleiner als in 2018. In Europa, aber auch im Mittleren Osten und in Afrika schrumpft der Verbrennermarkt deutlich. Bei den Elektrofahrzeugen ist ebenfalls eine rückläufige Entwicklung spürbar, wenn auch geringer als bei den Verbrennern. Gesamt betrachtet ist die Marktlage in 2019 sehr anspruchsvoll, und es bleibt abzuwarten, ob sich der rückläufige Trend im zweiten Halbjahr fortsetzen wird.
Wie beurteilen Sie die derzeitige Situation in Deutschland?
Der deutsche Markt ist nach wie vor der größte Absatzmarkt für Flurförderzeuge in Europa und auch wenn ich eingangs gesagt habe, dass der Markt rückläufig ist, dürfen wir nicht vergessen, dass wir seit vielen Jahren in Folge einen Verkaufsrekord nach dem anderen gebrochen haben. Wenn wir jetzt einen rückläufigen Markt beklagen, dann jammern wir – wenn wir ehrlich sind – immer noch auf sehr hohem Niveau. Denn der Markt in Deutschland ist immer noch gut. Es bleibt allerdings abzuwarten, wie sich die Entwicklung bis Ende des Jahres fortsetzt.
Wie positioniert sich Clark auf dem Markt für Flurförderzeuge?
Wir sehen uns als Hersteller mit einer mehr als hundertjährigen Erfahrung auf dem Flurförderzeugmarkt, der für die Ansprüche von Kunden weltweit Fahrzeuge entwickelt und vertreibt, die nach dem bewährten „Built-to-last“-Konzept produziert worden sind. Dieses steht für eine robuste und langlebige Bauweise mit hochwertigen Materialien und Komponenten, die einen ergonomischen, sicheren und effizienten Einsatz garantieren. Um den Anforderungen unserer Kunden regional zu entsprechen, fertigen wir in insgesamt vier Werken weltweit. Einige Produkte werden natürlich in einigen Märkten stärker nachgefragt als in anderen. Unsere S-Series beispielsweise ist aber ein gutes Beispiel dafür, dass bei Clark Produkte für die Anforderungen des Weltmarktes konzipiert werden, denn die S-Series genießt weltweiten Erfolg.
Genügen diese Anforderungen auch für den deutschen bzw. europäischen Markt? Hier stehen Sie einem starken Wettbewerb gegenüber.
Ja, da haben Sie wohl recht. Deutschland ist kein einfacher Markt. Deutsche und generell europäische Kunden sind sehr anspruchsvoll, was die Ergonomie, Sicherheit und Effizienz von Produkten angeht. Hier sind die Anforderungen deutlich höher als zum Beispiel im Mittleren Osten oder in Afrika. Für diese Märkte bieten wir ganz gezielt Fahrzeuge und Optionen an, die die Ansprüche dieser Region erfüllen. Das heißt, wir tun alles, damit der Kunde ein Produkt bekommt, dass für seinen speziellen Einsatz optimal ist.
Wie das?
Ein gutes Beispiel ist auch hier wieder die S-Series. Mit dieser ist uns der Spagat perfekt gelungen, mit modernen und leistungsfähigen Fahrzeugen den Anforderungen europäischer und US-amerikanischer Kunden zu entsprechen und gleichermaßen für Kunden in Asien, dem Mittleren Osten und Afrika auch das gute Preis-Leistungs-Verhältnis zu wahren, das diese erwarten. Dazu haben unsere Kompetenzzentren in Amerika, Asien, Australien und Europa eng zusammengearbeitet. Nicht umsonst kommen jetzt bei der S-Series für europäische und natürlich deutsche Kunden neben bewährten Systemkomponenten auch präventive Sicherheitssysteme und ein smartes Informationssystem zum Einsatz. Zudem ist eine umfangreiche Zusatzausstattung erhältlich, mit der das Fahrzeug an den jeweiligen Einsatz angepasst werden kann. Unser Anliegen war dabei aber auch, die Fahrzeuge nicht mit unnötigen und teuren Gadgets zu überfrachten, die für die meisten Einsatzbereiche überflüssig sind. Die Effizienz zwischen Kosten und Leistung sollte stets gewahrt werden.
Themenwechsel. Sie haben kürzlich in der Duisburger Region einen Direktvertrieb etabliert. Weshalb und wie entwickelt sich dieser?
Nun, wie Sie ja bereits wissen, haben wir in unserer Europazentrale in Duisburg erst vor kurzer Zeit mit dem Direktvertrieb – dem Verkauf und Service von Fahrzeugen – begonnen. Zum Hintergrund: Da wir für unsere Heimatregion – also Duisburg und die nähere Umgebung – keinen geeigneten Händlerkandidaten gefunden haben und gerade das Verkaufsgebiet um unsere Europazentrale gut aufgestellt wissen wollten, haben wir uns dazu entschlossen, hier einen Direktvertrieb zu installieren. Das heißt aber nicht, dass wir den Händlervertrieb aufgeben wollen. Diese Entscheidung ist einzig und allein der Situation geschuldet, dass wir keinen passenden Partner für dieses Gebiet gefunden haben. Um Ihre Frage zu beantworten, wir sind mit der ersten Entwicklung ganz zufrieden, aber es ist noch zu früh, um konkretere Aussagen zu machen. Ein positiver Nebeneffekt ist jetzt schon die Tatsache, dass wir uns mit dem Direktvertrieb auch einen direkten Zugang zum Markt verschafft haben. Dies hat den Vorteil, dass wir nun aus erster Hand erfahren, welche Anforderungen der Kunde heute an Flurförderzeuge stellt, aber auch an die Organisation, die für Vertrieb und Service in der jeweiligen Region verantwortlich ist.
Wenn sich der Direktvertrieb in Duisburg als Erfolgsmodell entpuppt, wäre es denkbar, dass Sie in weiteren Regionen – deutschland- oder europaweit – direkt verkaufen? Auf Deutsch: Das sukzessive Ende des Händlervertriebs?
Nein. Dazu gibt es im Moment weder einen konkreten Anlass noch eine strategische Entscheidung. Ich könnte mir aber durchaus vorstellen, sollte es in einer weiteren Region in Deutschland ebenfalls zu Engpässen durch nicht besetzte oder nicht besetzbare Händlergebiete kommen, dass wir auch dort selber aktiv werden.
Sie planen eine eigene Produktion am Standort Duisburg. Wie weit sind Sie mit der Planung und Installation der Montagefertigung?
Ja, das ist richtig. Wir befassen uns derzeit intensiv mit dem Gedanken, in Duisburg eine Montagefertigung aufzubauen. Wir stecken mitten in der Machbarkeitsstudie. Sie kennen uns schon eine ganze Weile und wissen, dass wir ein inhabergeführtes Unternehmen sind. Deshalb können wir auch für uns in Anspruch nehmen, jederzeit flexibel auf die gegebenen Bedingungen zu reagieren. Am Ende der Machbarkeitsstudie, und diese soll im Oktober 2019 abgeschlossen sein, treffen wir eine Entscheidung mit dem Eigentümer, ob wir die Maßnahme durchführen oder nicht.
Möglicherweise kommt die Produktion doch nicht?
Es kann sein, dass nicht nur interne Beweggründe unsere Entscheidung beeinflussen, sondern wir auch auf äußere Einflüsse reagieren, wie zum Beispiel die wirtschaftliche Entwicklung in Europa aber auch weltweit. Wir werden definitiv nicht wider besseren Wissens an einer Montagefertigung festhalten, nur weil es der Plan ist. Bei Clark treffen wir Entscheidungen immer vor dem Hintergrund einer langfristigen Planungsausrichtung. Der jeweiligen Situation angemessen streben wir an, richtige Entscheidungen für Clark sowohl lokal als auch global zu treffen.
Sie haben gerade neue Elektro-Vierradstapler auf den Markt gebracht und mit der „Go Green – Go Clark-Kampagne“ eine Offensive für Elektrostapler gestartet. Können Sie kurz erläutern, welche Strategie dahintersteht?
Das mache ich gerne. Die „Go Green – Go Clark-Kampagne“ ist nicht nur eine Kampagne zur Markteinführung der neuen EPXi-Baureihe, sondern langfristig ausgelegt. Dazu müssen wir kurz die Clark-Historie betrachten.
Bitteschön.
Traditionell hat Clark mehr verbrennungsmotorische Gabelstapler als Elektrofahrzeuge verkauft. Das hat seinen Ursprung in der Tatsache, dass Clark ursprünglich keine Lagertechnik im Portfolio hatte – diese kam erst später hinzu. Clark war reiner Hersteller und Anbieter von verbrennungs- und elektromotorischen Gegengewichtstaplern. Das brachte mit sich, dass das Clark-Vertriebsnetz – also die Clark-Händler – auf Gegengewichtstapler und insbesondere auf verbrennungsmotorische Fahrzeuge fokussiert war. Das heißt, auch wenn Clark von je her elektrisch betriebene Fahrzeuge angeboten hat und von Jahr zu Jahr auch mehr Fahrzeuge verkauft hat, so wurden wir im Markt immer eher als Anbieter von verbrennungsmotorischen Fahrzeugen gesehen.
Ihre neue Kampagne wird dies ändern?
Ja, davon ich überzeugt. Mit der „Go Green – Go Clark-Kampagne“ möchten wir die Aufmerksamkeit verstärkt auf Clark-Elektrofahrzeuge lenken, denn auch in diesem Produktsegment haben wir aktuell einiges zu bieten und werden zukünftig noch mehr zu bieten haben. Zumal sich mittlerweile gerade in Europa der Markt für elektrisch angetriebene Fahrzeuge sehr stark entwickelt hat. Inzwischen haben gut zwei Drittel aller Fahrzeuge, die in Europa vermarktet werden, einen elektrischen Antrieb. Viele Kunden denken heute auch nicht mehr nur darüber nach, wie sie Kosten einsparen können, sondern ebenfalls, wie sie ihren Materialfluss nachhaltiger und umweltfreundlicher gestalten können. Zudem müssen die Elektrostapler heute keinen Vergleich mit Verbrennern scheuen. Dies wollen wir mit der „Go Green – Go Clark-Kampagne“ zeigen und die Vorteile der Clark-Elektrostapler hervorheben.
Gehen Sie jetzt den angekündigten zweiten Schritt: Nach der Vorstellung einer komplett neuen verbrennungsmotorischen Baureihe läuten Sie mit der „Go Green – Go Clark-Kampagne“ neue Fahrzeuggenerationen im Elektrobereich ein?
Ganz richtig. Deshalb fällt der Start der Kampagne zeitgleich mit dem Verkaufsstart der EPXi-Baureihe. Die soll gerade die Betreiber motivieren, die heute noch auf Verbrenner fokussiert sind, auf ein umweltfreundlicheres Elektrofahrzeug umzusteigen. Das ist der Gedanke hinter der EPXi-Baureihe. Aus diesem Grund ist diese Baureihe nicht nur ebenso leistungsstark und zuverlässig, wie vergleichbare verbrennungsmotorische Stapler, sondern liegt auch bei den Investitionskosten auf gleichem Niveau. Zudem bietet das Fahrzeug eine ganze Reihe an Highlights.
Zum Beispiel?
Aufgrund der größeren Vorderräder beispielsweise verfügt der Stapler über eine sehr gute Bodenfreiheit. Dies ist nicht nur bei Einsätzen auf unebenen Böden von Vorteil, sondern auch beim Überqueren von Hallenübergängen oder auf Rampen. Auch in beengten Platzverhältnissen ist der EPXi dank seiner kompakten Abmessungen und einer optimalen Lenkgeometrie ideal. Eine gute Rundumsicht garantiert die erhöhte Sitzposition und die verschachtelten Schienenprofile beim Hubgerüst. Mit diesem Fahrzeug kann der Betreiber alle Aufgaben abdecken, die er in der Vergangenheit mit einem Verbrenner der gleichen Tragkraftklasse bewältigt hat.
Wie geht es weiter?
Im Moment treiben wir die Entwicklung der nächsten neuen Gerätegeneration im Segment der Dreirad- und Vierrad-Elektrostapler im Tragfähigkeitsbereich von ein bis zwei Tonnen stetig voran. Diese komplett neue Gerätegeneration ist ähnlich konzipiert wie die S-Series. Das heißt im Klartext, dass die Fahrzeuge hochleistungsfähig, ergonomisch und mit vielen Sicherheitsfeatures ausgestattet sind.
Wann kann der Kunde diese Fahrzeuge erwerben?
Die Markteinführung haben wir für Ende des kommenden Jahres anvisiert. Diese neuen Clark-Flurförderzeuge wurden so konzipiert, dass diese mit den Spitzengeräten der etablierten Marktbegleiter mühelos konkurrierenkönnen.
Wird dann die gesamte bestehende Elektrostaplerpalette nach und nach ausgetauscht?
Das ist unser Vorhaben. Zugleich möchten wir aber auch unser Portfolio, was die Tragfähigkeitsklassen anbelangt, weiter ausbauen. Heute endet unser Angebot bei Elektro-Gegengewichtstaplern mit fünf Tonnen Tragfähigkeit. Das möchten wir gerne erweitern, da zunehmend auch in den höheren Tragfähigkeitsklassen Elektrofahrzeuge zum Einsatz kommen.
Welche Rolle spielt die Lithium-Ionen-Technologie dabei? Mit dem Elektro-Handhubwagen WPio12 haben Sie ja bereits ein Fahrzeug mit Lithium-Ionen-Batterie auf den Markt gebracht, das sich sehr erfolgreich verkauft.
Da haben Sie recht. Der Clark-WPio12 ist ein echter Verkaufsschlager. Unsere Philosophie ist es allerdings, immer einen Schritt nach dem anderen zu gehen. Alle Hersteller befassen sich auf die eine oder andere Weise mit der Lithium-Ionen-Technologie. Einige vertreiben diese Technik auch schon seit einiger Zeit. Wir haben diese technische Entwicklung ganz genau verfolgt und jetzt ist auch für uns der Zeitpunkt gekommen, aktiv die Entwicklung und Vermarktung dieser Technologie bei uns weiterzutreiben und auch von Lagertechnikmaschinen auf die Gegengewichtmaschinen zu übertragen.
Wann können wir mit weiteren Clark-Fahrzeugen mit Lithium-Ionen-Technologie rechnen?
Schon bald. Wir streben noch in 2019 den Markstart für weitere Lagertechnikfahrzeuge mit Lithium-Ionen-Batterien an. Auch unsere Gegengewichtstapler werden Zug um Zug mit Lithium-Ionen-Technologie verfügbar sein. Derzeit sind wir im Gespräch mit Batteriezulieferern, die uns mindestens für Europa, vielleicht auch für weitere Regionen, mit der nötigen Lithium-Ionen-Technologie versorgen werden. Insofern können Sie dazu von uns bald etwas Neues erwarten.
Wie beurteilen Sie die Zukunft von verbrennungsmotorischen Staplern? Sind diese irgendwann vom Markt verschwunden oder wird es immer noch Einsatzbereiche geben, wo diese nicht wegzudenken sind?
Ich persönlich glaube, dass der verbrennungsmotorische Stapler seine Berechtigung behalten wird. Dessen Absatzvolumen wird zwar weiter abnehmen, aber er wird nicht vom Markt verschwinden. Heute noch zeigt uns die stetige Nachfrage nach unserer S-Series weltweit, aber auch in Europa, dass Verbrenner weiter gebraucht werden. Zukünftig müssen wir vor allem in Europa dafür gerüstet sein, dass weiteres starkes Wachstum bei den Elektrofahrzeugen im Markt stattfindet und dieses Segment damit an Wichtigkeit rasant zulegen wird.
Herr Eiten, vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Sabine Barde, Fachjournalistin, Mühlheim an der Ruhr
Autor: S. Barde
Redaktion (allg.)


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